Die Kündigung liegt auf dem Tisch – kurz, knapp, ohne Erklärung. Einfach so. Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fragen sich dann: Darf mein Chef das überhaupt? Eine ordentliche Kündigung ohne Grund klingt erstmal unfair, vielleicht sogar willkürlich. Doch die Rechtslage in Deutschland ist differenzierter, als man auf den ersten Blick meinen könnte. Ob ein Arbeitgeber einen Grund nennen muss oder nicht, hängt maßgeblich von bestimmten Voraussetzungen ab, allen voran der Größe des Betriebs und der Dauer der Betriebszugehörigkeit. Dieser Ratgeber bringt Licht ins Dunkel und erklärt dir, wann eine Kündigung tatsächlich ohne Angabe von Gründen ausgesprochen werden darf und welche Fallstricke es dabei gibt.
INHALT
Einleitung – Der Brief im Kasten: Kündigung ohne Angabe von Gründen?
Stell dir vor, du kommst nach Hause, öffnest den Briefkasten und findest einen Umschlag von deinem Arbeitgeber. Inhalt: die Kündigung deines Arbeitsvertrages. Formal korrekt, fristgerecht, aber kein Wort darüber, warum. Kein Hinweis auf schlechte Leistung, kein Wort über betriebliche Probleme. Einfach nur das Ende des Arbeitsverhältnisses. In so einem Moment schießen einem tausend Fragen durch den Kopf. Ist das erlaubt? Muss der Arbeitgeber nicht sagen, was los ist? Die Unsicherheit ist groß, und die Antwort ist nicht immer ein klares Ja oder Nein. Es kommt eben darauf an – auf die Details deines Arbeitsverhältnisses und die Rahmenbedingungen im Betrieb.
Was bedeutet „Ordentliche Kündigung ohne Grund“ überhaupt?
Zunächst müssen wir die Begriffe klären. Eine ordentliche Kündigung bedeutet, dass das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der geltenden Kündigungsfrist beendet wird. Das ist der Gegensatz zur außerordentlichen oder fristlosen Kündigung, die nur bei einem schwerwiegenden Fehlverhalten möglich ist und das Arbeitsverhältnis sofort beendet. „Ohne Grund“ heißt in diesem Zusammenhang nicht zwingend, dass der Arbeitgeber keinen Grund hat, sondern dass er gesetzlich nicht verpflichtet ist, diesen Grund im Kündigungsschreiben anzugeben. Ob diese Pflicht besteht, hängt entscheidend davon ab, ob für dein Arbeitsverhältnis der allgemeine Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) gilt oder nicht. Das ist die zentrale Weichenstellung.
Der große Unterschied: Gilt das Kündigungsschutzgesetz (KSchG)?
Das Kündigungsschutzgesetz ist der Dreh- und Angelpunkt, wenn es um die Frage geht, ob eine ordentliche Kündigung ohne Grund zulässig ist. Es schützt Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor sozial ungerechtfertigten Kündigungen. Aber dieser Schutz greift nicht automatisch für jeden. Zwei Hauptvoraussetzungen müssen erfüllt sein: die Wartezeit und die Betriebsgröße. Erst wenn beide Bedingungen erfüllt sind, muss der Arbeitgeber einen triftigen, gesetzlich anerkannten Grund für die Kündigung haben und diesen im Streitfall auch beweisen können. Fehlt eine der Voraussetzungen, sieht die Sache anders aus.
Wenn das KSchG greift: Gründe sind Pflicht! Eine Ordentliche Kündigung ohne Grund ist hier ausgeschlossen
Der allgemeine Kündigungsschutz nach dem KSchG greift, wenn zwei Bedingungen kumulativ erfüllt sind: Erstens muss das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate ununterbrochen bestanden haben (§ 1 Abs. 1 KSchG). Diese sogenannte Wartezeit muss erfüllt sein. Zweitens muss der Betrieb, in dem du arbeitest, regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigen (§ 23 Abs. 1 KSchG).[2] Bei der Zählung der Arbeitnehmer gibt es spezielle Regeln für Teilzeitkräfte (bis 20 Std./Woche = 0,5; bis 30 Std./Woche = 0,75), Auszubildende zählen nicht mit.[3] Sind beide Voraussetzungen erfüllt, ist eine ordentliche Kündigung nur wirksam, wenn sie sozial gerechtfertigt ist. Das bedeutet, sie muss durch Gründe in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers oder durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt sein. Eine ordentliche Kündigung ohne Grund ist dann schlichtweg unwirksam. Der Arbeitgeber muss zwar den Grund nicht zwingend ins Kündigungsschreiben aufnehmen, aber spätestens im Kündigungsschutzprozess darlegen und beweisen.
Der Sonderfall Kleinbetrieb: Hier ist die Ordentliche Kündigung ohne Grund oft möglich
Anders sieht es aus, wenn das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet. Das ist typischerweise in sogenannten Kleinbetrieben der Fall. Also in Betrieben, die regelmäßig zehn oder weniger Arbeitnehmer beschäftigen (wieder unter Berücksichtigung der Zählweise für Teilzeitkräfte).[3] Wenn du in einem solchen Kleinbetrieb arbeitest, oder wenn du zwar in einem größeren Betrieb arbeitest, aber die sechsmonatige Wartezeit noch nicht erfüllt hast, greift der allgemeine Kündigungsschutz des KSchG nicht. Das hat zur Folge, dass der Arbeitgeber dir grundsätzlich eine ordentliche Kündigung ohne Grund aussprechen kann. Er muss die Kündigung also nicht sozial rechtfertigen und im Schreiben keine Gründe nennen. Das klingt erstmal hart, ist aber die gesetzliche Regelung. Ganz schutzlos bist du aber auch hier nicht.
Grenzen auch im Kleinbetrieb: Wann ist eine Ordentliche Kündigung ohne Grund doch unzulässig?
Auch wenn das Kündigungsschutzgesetz im Kleinbetrieb nicht greift und der Arbeitgeber somit keine der dort genannten Gründe (personen-, verhaltens-, betriebsbedingt) braucht, bedeutet das keinen Freifahrtschein für jede Art von Kündigung. Das Arbeitsrecht kennt auch außerhalb des KSchG Schutzmechanismen, die einer willkürlichen oder unfairen Kündigung entgegenwirken können. Eine ordentliche Kündigung ohne Grund kann also auch im Kleinbetrieb unwirksam sein, wenn sie gegen bestimmte übergeordnete Rechtsprinzipien verstößt. Diese Hürden sind zwar höher als im KSchG, aber sie existieren.
Treu und Glauben & Sittenwidrigkeit: Willkür ist verboten
Eine Kündigung darf niemals gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßen oder sittenwidrig (§ 138 BGB) sein. Das bedeutet, die Kündigung darf nicht auf sachfremden, willkürlichen oder diskriminierenden Motiven beruhen. Beispiele hierfür wären eine Kündigung aus reiner Rachsucht, wegen der sexuellen Orientierung, der Herkunft, des Geschlechts oder einer zulässigen Meinungsäußerung.[3] Auch eine Kündigung „zur Unzeit“, also unter besonders belastenden Umständen (z.B. unmittelbar nach einem schweren Unfall), kann treuwidrig sein. Wenn du den Verdacht hast, dass deine Kündigung auf solchen Motiven basiert, auch wenn kein Grund genannt wurde, kann sie unwirksam sein. Der Nachweis ist allerdings oft schwierig.
Das „Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme“
Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass Arbeitgeber auch im Kleinbetrieb bei einer Kündigung ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme walten lassen müssen.[3] Das kommt insbesondere bei betriebsbedingten Kündigungen zum Tragen, wenn der Arbeitgeber auswählen muss, wem er kündigt. Er darf nicht völlig willkürlich den schutzwürdigsten Mitarbeiter (z.B. langjährig beschäftigt, höheres Alter, Unterhaltspflichten) entlassen, während ein weniger schutzwürdiger Kollege bleiben darf, ohne dass es dafür nachvollziehbare betriebliche oder persönliche Gründe gibt. Allerdings betont das Gericht auch die unternehmerische Freiheit im Kleinbetrieb. Die Anforderungen sind hier deutlich geringer als bei der Sozialauswahl nach dem KSchG. Ein sachlicher Grund für die Auswahl (z.B. spezielle Kenntnisse des anderen Mitarbeiters) reicht oft aus.
Diskriminierung nach AGG
Unabhängig vom Kündigungsschutzgesetz und der Betriebsgröße verbietet das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) Diskriminierungen. Eine Kündigung, die beispielsweise wegen des Alters, einer Behinderung, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung oder der sexuellen Identität ausgesprochen wird, ist unwirksam. Wenn du also vermutest, dass hinter der ordentlichen Kündigung ohne Grund ein solcher diskriminierender Beweggrund steckt, solltest du das unbedingt rechtlich prüfen lassen. Hier gelten spezielle Fristen für die Geltendmachung von Ansprüchen.
Sonderkündigungsschutz: Diese Gruppen sind besonders geschützt
Es gibt bestimmte Personengruppen, die einen besonderen Kündigungsschutz genießen. Dieser Schutz gilt unabhängig davon, ob das KSchG anwendbar ist oder nicht, also auch im Kleinbetrieb und während der Wartezeit. Für diese Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist eine ordentliche Kündigung (und oft auch eine außerordentliche) nur unter sehr erschwerten Bedingungen oder gar nicht möglich. Hier ist eine ordentliche Kündigung ohne Grund praktisch ausgeschlossen, da oft sogar die Zustimmung einer Behörde erforderlich ist.[3]
Hier eine Übersicht über die wichtigsten Gruppen mit Sonderkündigungsschutz:
- Schwangere und Mütter im Mutterschutz dürfen vom Beginn der Schwangerschaft bis vier Monate nach der Geburt nicht gekündigt werden (§ 17 MuSchG). Nur in seltenen Ausnahmefällen und mit Zustimmung der Behörde ist eine Kündigung möglich.
- Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Elternzeit genießen ebenfalls besonderen Kündigungsschutz (§ 18 BEEG). Eine Kündigung während dieser Zeit ist nur in Ausnahmefällen und mit behördlicher Zustimmung zulässig.
- Schwerbehinderte oder gleichgestellte Personen können nach sechs Monaten Betriebszugehörigkeit nur mit vorheriger Zustimmung des Integrationsamtes gekündigt werden (§ 168 SGB IX). Ohne diese Zustimmung ist die Kündigung unwirksam.[3]
- Mitglieder des Betriebsrats sowie verwandter Gremien sind während ihrer Amtszeit und teilweise darüber hinaus besonders geschützt (§ 15 KSchG). Eine ordentliche Kündigung ist in der Regel ausgeschlossen.
- Auszubildende nach der Probezeit dürfen nur noch aus wichtigem Grund fristlos gekündigt werden (§ 22 BBiG). Eine ordentliche Kündigung ist dann nicht mehr möglich.[3]
- Bestimmte betriebliche Beauftragte wie Datenschutz- oder Immissionsschutzbeauftragte haben je nach gesetzlicher Grundlage ebenfalls Anspruch auf Sonderkündigungsschutz.
Die Probezeit: Ein Spezialfall für die Ordentliche Kündigung ohne Grund?
Die Probezeit ist arbeitsrechtlich eine interessante Phase. Sie dient dazu, dass sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer gegenseitig kennenlernen und prüfen können, ob die Zusammenarbeit passt. Oft wird sie mit der sechsmonatigen Wartezeit des Kündigungsschutzgesetzes gleichgesetzt, aber das ist nicht ganz korrekt. Eine Probezeit muss explizit im Arbeitsvertrag vereinbart werden und darf maximal sechs Monate dauern (§ 622 Abs. 3 BGB). Während dieser vereinbarten Probezeit gilt eine verkürzte gesetzliche Kündigungsfrist von nur zwei Wochen zu jedem beliebigen Tag, sofern vertraglich nichts anderes vereinbart ist.[4]
Da in den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses ohnehin das Kündigungsschutzgesetz noch nicht greift (fehlende Wartezeit), kann der Arbeitgeber in dieser Zeit – und damit auch während einer vereinbarten Probezeit – eine ordentliche Kündigung ohne Grund aussprechen. Die Besonderheit der Probezeit liegt also vor allem in der kurzen Kündigungsfrist. Wichtig ist: Die Kündigung muss dem Arbeitnehmer noch innerhalb der Probezeit zugehen, damit die Zwei-Wochen-Frist gilt.[4] Das tatsächliche Ende des Arbeitsverhältnisses kann dann auch nach dem Ende der Probezeit liegen.
Form und Zugang der Kündigung: Worauf musst du achten?
Unabhängig davon, ob mit oder ohne Grund, ob mit oder ohne Kündigungsschutz – jede Kündigung muss bestimmte formale Anforderungen erfüllen, um wirksam zu sein. Werden diese nicht eingehalten, ist die Kündigung allein deshalb schon unwirksam, selbst wenn ein Kündigungsgrund vorliegen würde oder keiner erforderlich wäre. Besonders wichtig sind die Schriftform und der nachweisbare Zugang des Kündigungsschreibens. Diese Punkte können im Streitfall entscheidend sein.
Die Schriftform ist zwingend!
Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses muss immer schriftlich erfolgen (§ 623 BGB). Das bedeutet, sie muss auf Papier verfasst und vom Kündigungsberechtigten (z.B. Geschäftsführer, Personalleiter mit Vollmacht) eigenhändig unterschrieben sein. Eine Kündigung per E-Mail, Fax, SMS oder WhatsApp ist unwirksam![1] Du musst also ein unterschriebenes Original erhalten. Achte auch darauf, wer unterschrieben hat. Ist es nicht der Geschäftsführer oder Inhaber, sollte eine Originalvollmacht beiliegen, ansonsten könntest du die Kündigung eventuell wegen fehlender Vollmacht zurückweisen (§ 174 BGB).[1]
Der Nachweis des Zugangs: Das A und O
Die Kündigung wird erst wirksam, wenn sie dir zugeht. Zugang bedeutet, sie muss so in deinen „Machtbereich“ gelangen (z.B. Briefkasten, persönliche Übergabe), dass du unter normalen Umständen davon Kenntnis nehmen kannst.[1] Der Zeitpunkt des Zugangs ist extrem wichtig, denn er bestimmt den Beginn der Kündigungsfrist und auch den Start der dreiwöchigen Frist für eine Kündigungsschutzklage (§ 4 KSchG). Der Arbeitgeber muss im Streitfall beweisen, wann die Kündigung zugegangen ist.
Hier eine Übersicht über gängige Zustellmethoden und ihre Tücken:
Zustellungsart | Zugang & Beweisbarkeit |
---|---|
Persönliche Übergabe am Arbeitsplatz/Wohnort | Zugang sofort bei Übergabe. Beweis am besten durch Empfangsbestätigung oder Zeugen.[1] |
Einwurf in den Briefkasten (durch Boten) | Zugang, sobald mit der nächsten Leerung zu rechnen ist (übliche Postzeiten). Beweis durch Zeugen (Bote), der Einwurfzeitpunkt und -ort dokumentiert.[1] |
Einfacher Brief | Kein sicherer Nachweis des Zugangs möglich. Nicht empfehlenswert für den Arbeitgeber.[1] |
Übergabe-Einschreiben | Zugang erst bei Abholung von der Post oder Annahme. Wird es nicht abgeholt, kein Zugang! Risiko für den Absender.[1] |
Einwurf-Einschreiben | Zugang mit Einwurf. Beweis durch Auslieferungsbeleg des Zustellers (Anscheinsbeweis, aber durch BAG zuletzt kritisch gesehen, wenn nur Online-Status vorliegt).[1] Sicherer als einfacher Brief, aber nicht 100%ig. |
Zustellung durch Gerichtsvollzieher (Postzustellungsurkunde) | Sicherste Methode, da Zustellung öffentlich beurkundet wird. Zugang durch Einwurf in Briefkasten möglich (Ersatzzustellung).[1] |
Was tun, wenn du eine Ordentliche Kündigung ohne Grund erhältst?
Du hältst die Kündigung in den Händen, und es steht kein Grund drin. Was nun? Der erste Schock ist verständlich, aber jetzt ist es wichtig, einen kühlen Kopf zu bewahren und überlegt vorzugehen. Auch wenn eine ordentliche Kündigung ohne Grund unter bestimmten Umständen (Kleinbetrieb, Wartezeit nicht erfüllt) zulässig sein kann, heißt das nicht, dass sie immer wirksam ist. Es gibt ein paar Schritte, die du jetzt unternehmen solltest.
Ruhe bewahren und Fristen checken
Das Allerwichtigste: Die Zeit läuft! Ab dem Zugang der schriftlichen Kündigung hast du nur drei Wochen Zeit, um eine Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht einzureichen (§ 4 KSchG).[2] Verpasst du diese Frist, gilt die Kündigung als von Anfang an wirksam, selbst wenn sie eigentlich fehlerhaft war (§ 7 KSchG). Diese Frist gilt auch, wenn du im Kleinbetrieb arbeitest und die Unwirksamkeit z.B. wegen Treuwidrigkeit oder Sittenwidrigkeit geltend machen willst. Also: Datum des Zugangs notieren und die Drei-Wochen-Frist im Kalender markieren!
Rechtsberatung suchen: Fachanwalt oder Gewerkschaft
Eine Kündigung ist eine ernste Sache mit weitreichenden Folgen. Es ist fast immer ratsam, sich professionellen Rechtsrat einzuholen. Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht oder deine Gewerkschaft (falls du Mitglied bist) kann prüfen:
- Gilt das KSchG überhaupt für dich (Betriebsgröße, Wartezeit)?
- Ist die Kündigung formell korrekt (Schriftform, Unterschrift, Zugang)?
- Liegt eventuell ein Sonderkündigungsschutz vor?
- Könnte die Kündigung (auch im Kleinbetrieb) treuwidrig, sittenwidrig oder diskriminierend sein?
- Wurde die richtige Kündigungsfrist eingehalten?
- Welche Erfolgsaussichten hat eine Klage, und was sind die Alternativen (z.B. Abfindung)?
Diese Einschätzung hilft dir, zu entscheiden, ob du gegen die ordentliche Kündigung ohne Grund vorgehen willst.
Fazit: Ordentliche Kündigung ohne Grund – Ja, aber mit vielen Aber!
Ist eine ordentliche Kündigung ohne Grund also möglich? Die Antwort lautet: Ja, unter bestimmten Voraussetzungen. Vor allem dann, wenn das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet, also in Kleinbetrieben mit zehn oder weniger Mitarbeitern oder innerhalb der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses (Wartezeit). In diesen Fällen muss der Arbeitgeber keinen Kündigungsgrund im Schreiben nennen. Aber auch hier gibt es Grenzen: Die Kündigung darf nicht willkürlich, sittenwidrig oder diskriminierend sein und muss ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme beachten. Zudem sind die Formvorschriften (Schriftform, Zugang) und ein eventuell bestehender Sonderkündigungsschutz (Schwangere, Schwerbehinderte etc.) immer einzuhalten. Gilt hingegen das KSchG, ist eine ordentliche Kündigung ohne sozial gerechtfertigten Grund unwirksam. Die Bezeichnung „ohne Grund“ ist also oft eher eine Frage der Darlegungspflicht als des tatsächlichen Fehlens eines Motivs seitens des Arbeitgebers.
Quellen
- Der Zugang der Kündigung | ihk.de (abgerufen am 24.04.2025)
- Kündigungsschutzgesetz (KSchG) | gesetze-im-internet.de (abgerufen am 24.04.2025)
- Kündigung in Kleinbetrieben | ihk.de (abgerufen am 24.04.2025)
- Wie können Arbeitgeber in der Probezeit kündigen? | haufe.de (abgerufen am 24.04.2025)
FAQs zum Thema Ordentliche Kündigung ohne Grund
Muss ich mich nach Erhalt einer Kündigung ohne Grund sofort bei der Agentur für Arbeit melden?
Ja, das ist sogar sehr wichtig und dringend! Sobald du die Kündigung erhalten hast, musst du dich innerhalb von drei Tagen bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend melden, auch wenn das Arbeitsverhältnis erst später endet. Falls die Kündigungsfrist länger als drei Monate ist, reicht die Meldung spätestens drei Monate vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses. Tust du das nicht rechtzeitig, riskierst du nämlich eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld, was bedeutet, dass du für eine Weile kein Geld bekommst. Diese Meldung ist auch dann notwendig, wenn du noch überlegst, eine Kündigungsschutzklage einzureichen oder dir schon sicher bist, dies zu tun. Es ist also besser, diesen Schritt sofort zu erledigen, um finanzielle Nachteile zu vermeiden und deine Ansprüche zu sichern.
Habe ich Anspruch auf ein Arbeitszeugnis, auch wenn die Kündigung ohne Grund erfolgte?
Unbedingt! Du hast einen gesetzlichen Anspruch auf ein schriftliches Arbeitszeugnis, ganz unabhängig davon, ob die Kündigung mit oder ohne Grund erfolgte und ob das KSchG greift oder nicht. Dieses Zeugnis muss mindestens Angaben zu Art und Dauer deiner Tätigkeit enthalten (einfaches Zeugnis). Du kannst aber auch ein qualifiziertes Zeugnis verlangen, das zusätzlich deine Leistung und dein Verhalten während der Beschäftigung bewertet. Fordere das Zeugnis am besten zeitnah nach Erhalt der Kündigung schriftlich bei deinem Arbeitgeber an. Ein wohlwollend formuliertes und vollständiges Zeugnis ist nämlich sehr wichtig für deine zukünftige Jobsuche, daher solltest du nicht darauf verzichten.
Bekomme ich automatisch eine Abfindung, wenn mir ohne Grund gekündigt wird?
Nein, das ist ein häufiger Irrglaube, aber einen automatischen gesetzlichen Anspruch auf eine Abfindung gibt es bei einer Kündigung in Deutschland generell nicht – auch nicht, wenn sie ohne Angabe von Gründen erfolgt. Eine Verpflichtung zur Zahlung einer Abfindung kann sich höchstens aus einem Tarifvertrag, einem Sozialplan (bei betriebsbedingten Kündigungen in größeren Betrieben) oder einer speziellen Klausel in deinem Arbeitsvertrag ergeben. Oft werden Abfindungen jedoch im Rahmen einer Einigung gezahlt, zum Beispiel wenn du Kündigungsschutzklage einreichst und ihr euch vor Gericht oder außergerichtlich auf eine Beendigung gegen Zahlung einer Summe verständigt. Es ist also eher das Ergebnis einer Verhandlung als ein fester Anspruch, gerade wenn die Wirksamkeit der Kündigung unsicher ist.