Kurzfassung
- Arbeitgeber als Drittschuldner: Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zwingt Arbeitgeber, pfändbaren Lohnteil an Gläubiger abzutreten, statt an Arbeitnehmer.
- Drei Lösungswege: Forderung begleichen, Beschluss rechtlich angreifen oder durch Insolvenzverfahren Einzelvollstreckungen verhindern.
- Pfändungsfreigrenzen beachten: Existenzminimum bleibt unantastbar; regelmäßig angepasste Beträge sind je nach Unterhaltspflichten entscheidend.
- P-Konto schützt Guthaben: Bei Kontopfändung sinnvoll, kann aber laufende Lohnpfändung beim Arbeitgeber nicht stoppen.
- Professionalität im Umgang: Offenheit im Unternehmen bewahrt vor Missverständnissen; sachliche Klärung statt emotionaler Eskalation.
- Schuldnerberatung als Strategie: Strukturierter Überblick zur dauerhaften Lösung jenseits einzelner Forderungen; oft hilfreich bei umfassender Verschuldung.
Inhaltsverzeichnis
- Was bei einer Pfändung „beim Arbeitgeber“ eigentlich passiert
- Kann man die Pfändung beim Arbeitgeber stoppen?
- Das ist jetzt der sinnvollste Ablauf
- Pfändungsfreigrenzen: das Minimum, das dir bleiben muss
- Wenn der Beschluss schon beim Arbeitgeber ist
- P-Konto: hilfreich, aber nicht der Schalter für die Lohnpfändung
- Und was ist mit dem Arbeitgeber – muss man Angst um den Job haben?
- Wenn es tiefer sitzt: Schuldnerberatung und Insolvenz als echter Schnitt
- Was du aus dem Ganzen mitnehmen kannst
- FAQs zum Thema Pfändung beim Arbeitgeber stoppen
- Kann ich meinen Arbeitgeber bitten, die Pfändung nicht umzusetzen?
- Stoppt ein P-Konto die Lohnpfändung?
- Wie schnell endet die Pfändung nach Zahlung der Schulden?
- Was passiert, wenn Unterhaltspflichten nicht berücksichtigt werden?
- Beendet eine Privatinsolvenz die Lohnpfändung?
Wenn beim Arbeitgeber eine Pfändung landet, fühlt es sich an, als würde plötzlich jemand Drittes in dein Konto „mitlesen“. Und ja: Ab dem Moment, in dem der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (PfÜB) in der Lohnbuchhaltung liegt, läuft vieles nach festen Regeln. Trotzdem gibt es Wege, die Pfändung zu beenden – nur eben nicht mit einem einzigen Anruf.
Was bei einer Pfändung „beim Arbeitgeber“ eigentlich passiert
In den meisten Fällen geht es um eine Lohn- oder Gehaltspfändung. Ein Gläubiger hat einen Vollstreckungstitel (zum Beispiel Urteil, Vollstreckungsbescheid) und lässt deine Forderung auf Arbeitslohn pfänden. Juristisch ist dein Arbeitgeber dann der „Drittschuldner“: Er schuldet dir den Lohn – und muss nach Zustellung des Beschlusses den pfändbaren Teil an den Gläubiger abführen, statt an dich zu zahlen. [1]
Wichtig ist dabei der Zeitpunkt: Mit der Zustellung an den Arbeitgeber gilt die Pfändung als bewirkt. [1] Ab dann kann dein Arbeitgeber nicht einfach „normal weiterzahlen“, ohne sich selbst Ärger einzukaufen – im Zweifel müsste er sonst doppelt zahlen. Das wird auch in Praxismerkblättern für Arbeitgeber sehr deutlich formuliert. [6]
Das klingt hart, ist aber auch der Grund, warum „Bitte stopp das“ im Personalbüro selten hilft. Was hilft, ist eine Lösung an der richtigen Stelle.
Kann man die Pfändung beim Arbeitgeber stoppen?
Ja – aber realistisch betrachtet gibt es drei saubere Wege, wie eine laufende Lohnpfändung endet:
- Du begleichst die Forderung (oder einigst dich so, dass der Gläubiger die Vollstreckung aufhebt/ruhend stellt).
- Du greifst den Beschluss an, weil etwas nicht stimmt (zum Beispiel falsche Person, falscher Betrag, formale Fehler) und erreichst eine Korrektur über das Vollstreckungsgericht.
- Du bist in einem Insolvenzverfahren – dann sind Einzelvollstreckungen für Insolvenzgläubiger grundsätzlich untersagt. [7]
Alles andere sind eher Umwege: manchmal nützlich, aber nicht der Hebel, der die Pfändung wirklich beendet.
Das ist jetzt der sinnvollste Ablauf
Wenn du die Pfändung schnell aus der Lohnabrechnung bekommen willst, hilft ein klarer Ablauf. Nicht hektisch, sondern geordnet – damit du nicht an drei Stellen parallel rennst und am Ende trotzdem Zeit verlierst:
- Unterlagen prüfen. Du brauchst mindestens den PfÜB (oder das Schreiben, das du bekommen hast) und idealerweise den Titel/ die Forderungsaufstellung. Ohne Beträge und Aktenzeichen wird jede Klärung zäh.
- Direkt mit dem Gläubiger oder der Kanzlei sprechen. Ziel ist eine schriftliche Bestätigung: „Erledigt“ (nach Zahlung) oder „Vollstreckung wird eingestellt/ruhend gestellt“.
- Parallel die Pfändungsfreigrenzen und Unterhaltspflichten sauber klären. Damit nicht zu viel abgeführt wird. Die Freigrenzen richten sich nach § 850c Zivilprozessordnung (ZPO, Zivilprozessordnung) und werden regelmäßig angepasst. [3]
- Wenn etwas nicht stimmt: schnell zum Vollstreckungsgericht. Je nach Problem kommen Anträge/ Rechtsbehelfe in Betracht. Das ist der Punkt, an dem Fristen und Form wirklich zählen.
Du merkst: Der Ablauf wirkt simpel, ist aber genau deshalb effektiv. Du arbeitest dich von „Fakten“ zu „Hebel“ vor – statt dich in Einzelmaßnahmen zu verlieren.
Pfändungsfreigrenzen: das Minimum, das dir bleiben muss
Die Höhe des pfändbaren Anteils ist nicht „frei verhandelbar“, sondern folgt der Pfändungstabelle. Seit dem 1. Juli 2025 liegt der unpfändbare Grundbetrag bei 1.555,00 Euro pro Monat (ohne Unterhaltspflichten). Das Bundesministerium der Justiz stellt dazu die aktuellen Werte bereit. [4]
Wenn der Beschluss schon beim Arbeitgeber ist
Sobald der PfÜB zugestellt ist, wird dein Arbeitgeber technisch gesehen zum Zahlstellen-Filter: Er muss berechnen, was pfändbar ist, und den Rest an dich auszahlen. Das lässt sich nicht „wegdiskutieren“ – aber es lässt sich beenden, wenn der Gläubiger die Vollstreckung beendet oder das Gericht etwas ändert.
Variante 1: Du zahlst (oder regelst) die Forderung.
Das ist der direkteste Weg. Wichtig ist das „Danach“: Du brauchst eine schriftliche Erledigungsbestätigung und im Idealfall eine klare Anweisung des Gläubigers, die Vollstreckung aufzuheben bzw. nicht weiter zu betreiben. Erst dann hat die Lohnbuchhaltung einen belastbaren Grund, die Abführung zu stoppen.
Variante 2: Ratenvereinbarung – mit echter Vollstreckungsruhe.
Raten können funktionieren, aber nur dann, wenn der Gläubiger die Vollstreckung tatsächlich ruhend stellt. Viele Vereinbarungen sind sonst nur „Zahlplan plus Pfändung läuft weiter“. Achte auf den Wortlaut. Wenn du dir unsicher bist: Lass dir schriftlich bestätigen, dass der Gläubiger dem Arbeitgeber mitteilt, dass nicht weiter abgeführt werden soll.
Variante 3: Du gehst gegen die Pfändung vor, weil etwas nicht passt.
Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn Forderungen schon bezahlt sind, Beträge falsch sind, Unterhaltspflichten nicht berücksichtigt wurden oder du gar nicht die richtige Person bist. Das Vollstreckungsrecht kennt dafür Rechtsbehelfe – in der Praxis wird häufig die „Erinnerung“ genutzt, wenn es um Fehler im Vollstreckungsverfahren geht (§ 766 ZPO, Zivilprozessordnung). [5] Welcher Schritt der richtige ist, hängt stark vom konkreten Fehler ab – und hier lohnt sich im Zweifel rechtliche Hilfe, weil Formulierungen und Anlagen entscheidend sind.
Variante 4: Ausnahmefälle mit besonderer Härte.
Es gibt mit § 765a ZPO (Zivilprozessordnung) eine Möglichkeit, Vollstreckungsschutz zu beantragen, wenn die Vollstreckung im Einzelfall eine unzumutbare Härte wäre. [8] Das ist kein Standardwerkzeug für „mir wird’s zu eng“, sondern eher für Situationen, in denen wirklich gravierende Folgen drohen und das gut begründet werden kann.
P-Konto: hilfreich, aber nicht der Schalter für die Lohnpfändung
Ein Pfändungsschutzkonto (P-Konto, Pfändungsschutzkonto) schützt Guthaben auf deinem Konto bei einer Kontopfändung. Es ist sinnvoll, wenn du damit rechnen musst, dass auch das Konto betroffen ist – oder wenn bereits eine Kontopfändung läuft. Das Bundesministerium der Justiz erklärt das Prinzip und den Anspruch auf Umwandlung. [9]
Was dabei leicht durcheinandergeht: Ein P-Konto beendet keine Lohnpfändung. Es sorgt „nur“ dafür, dass nicht auch noch das ausgezahlte Geld auf dem Konto komplett blockiert wird. Die Verbraucherzentrale beschreibt den Schutzmechanismus und die Freibeträge sehr nachvollziehbar. [10]
Wenn du also gerade nur eine Lohnpfändung hast, kann das P-Konto trotzdem sinnvoll sein – aber eher als Sicherheitsnetz, nicht als Lösungsschalter.
Und was ist mit dem Arbeitgeber – muss man Angst um den Job haben?
Die unangenehmste Seite an der Sache ist oft nicht das Rechnen, sondern das Gefühl, „gesehen“ zu werden. In der Praxis wissen dann eben Menschen in der Lohnbuchhaltung Bescheid. Mehr aber auch nicht: Intern gilt, dass solche Informationen nur dort verarbeitet werden, wo es für die Abrechnung nötig ist.
In vielen Betrieben ist es außerdem hilfreich, das Thema nicht eskalieren zu lassen, sondern sachlich zu halten. Die Verbraucherzentrale NRW rät sogar ausdrücklich dazu, den Arbeitgeber zu informieren, wenn eine Lohnpfändung droht – nicht als Beichte, sondern weil Pfändungen im Personalbüro Zusatzaufwand bedeuten und ein früher Hinweis das Ganze oft ruhiger macht. [11]
Was du dir dabei merken kannst: Dein Ziel ist nicht, dich zu erklären. Dein Ziel ist, dass die Abläufe korrekt laufen (Freigrenzen, Unterhalt, richtige Beträge) und dass du parallel die Pfändung beendest.
Wenn es tiefer sitzt: Schuldnerberatung und Insolvenz als echter Schnitt
Manchmal ist die Pfändung nur das sichtbarste Symptom. Dann bringt es wenig, nur „diesen einen Beschluss“ zu bekämpfen, während zwei weitere Gläubiger schon in der Warteschlange stehen.
In solchen Fällen kann eine Schuldnerberatung helfen, den Gesamtüberblick zu bekommen und eine Strategie zu bauen, die auch in sechs Monaten noch trägt. Dass das Thema verbreiteter ist, als viele denken, zeigen auch aktuelle Zahlen: Creditreform nennt im SchuldnerAtlas 2025 rund 5,67 Millionen überschuldete Erwachsene in Deutschland. [12] Das ist kein Trostpreis, aber ein realistischer Kontext.
Wenn eine Verbraucherinsolvenz (Privatinsolvenz) der passende Weg ist, kommt ein harter, aber klarer Effekt dazu: Während des laufenden Insolvenzverfahrens sind Zwangsvollstreckungen einzelner Insolvenzgläubiger grundsätzlich nicht zulässig (§ 89 InsO, Insolvenzordnung). [7] Das ist für viele der Moment, in dem wieder Luft entsteht – nicht weil alles „weg“ ist, sondern weil das System wieder planbar wird.
Was du aus dem Ganzen mitnehmen kannst
Eine Pfändung beim Arbeitgeber lässt sich selten „schnell wegdrücken“. Sie lässt sich aber sauber beenden, wenn du den richtigen Hebel nutzt: Forderung erledigen (mit schriftlicher Bestätigung), Fehler konsequent klären oder – wenn es strukturell ist – einen größeren Schnitt setzen. Und parallel gilt: Freigrenzen korrekt, Unterhaltspflichten vollständig, Kontoabsicherung sinnvoll. Das ist nicht glamourös, aber es bringt dich raus aus dem Dauer-Alarmmodus.
Quellen
- Zivilprozessordnung (ZPO): § 829 Pfändung einer Geldforderung (abgerufen am 20.12.2025)
- Zivilprozessordnung (ZPO): § 850c Pfändungsgrenzen für Arbeitseinkommen (abgerufen am 20.12.2025)
- Bundesministerium der Justiz: Pfändungsfreigrenzen (abgerufen am 20.12.2025)
- Zivilprozessordnung (ZPO): § 766 Erinnerung (abgerufen am 20.12.2025)
- IHK Saarland: Verhaltensregeln für Arbeitgeber bei Lohnpfändung (PDF) (abgerufen am 20.12.2025)
- Insolvenzordnung (InsO): § 89 Vollstreckungsverbot (abgerufen am 20.12.2025)
- Zivilprozessordnung (ZPO): § 765a Vollstreckungsschutz (abgerufen am 20.12.2025)
- Bundesministerium der Justiz: Pfändungsschutzkonto (P-Konto) (abgerufen am 20.12.2025)
- Verbraucherzentrale: Das P-Konto als Schutz vor Kontopfändung (abgerufen am 20.12.2025)
- Verbraucherzentrale NRW: Was ist eine Lohnpfändung? (abgerufen am 20.12.2025)
- Creditreform: SchuldnerAtlas Deutschland 2025 (abgerufen am 20.12.2025)
FAQs zum Thema Pfändung beim Arbeitgeber stoppen
Kann ich meinen Arbeitgeber bitten, die Pfändung nicht umzusetzen?
Nein. Nach Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses muss der Arbeitgeber die Pfändung beachten und korrekt abrechnen. Zahlt er trotzdem den pfändbaren Anteil an dich aus, kann er im Ergebnis doppelt zahlen müssen. [6]
Stoppt ein P-Konto die Lohnpfändung?
Nein. Ein P-Konto (Pfändungsschutzkonto) schützt Guthaben bei einer Kontopfändung. Eine Lohnpfändung beim Arbeitgeber läuft davon unabhängig weiter. [10]
Wie schnell endet die Pfändung nach Zahlung der Schulden?
Sobald der Gläubiger die Erledigung bestätigt und die Vollstreckung beendet bzw. die Aufhebung mitteilt, kann die Lohnbuchhaltung die Abführung einstellen. In der Praxis hängt die Geschwindigkeit daran, wie zügig der Gläubiger die schriftliche Bestätigung und Mitteilung ausstellt.
Was passiert, wenn Unterhaltspflichten nicht berücksichtigt werden?
Dann kann zu viel gepfändet werden. Die Pfändungsfreigrenzen hängen unter anderem von Unterhaltspflichten ab (§ 850c ZPO, Zivilprozessordnung). Kläre das frühzeitig mit der Lohnbuchhaltung und lege Nachweise vor. [3]
Beendet eine Privatinsolvenz die Lohnpfändung?
Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens sind Zwangsvollstreckungen einzelner Insolvenzgläubiger grundsätzlich nicht mehr zulässig (§ 89 InsO, Insolvenzordnung). Ob und wie sich das im Einzelfall auf bestehende Pfändungen auswirkt, sollte mit Schuldnerberatung oder anwaltlicher Hilfe konkret geprüft werden. [7]

