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Plötzlich vermehrter Speichelfluss: Was tun bei Sialorrhoe?

Junge Frau, die sich beschämt den Mund zuhält - Symbolbild für plötzlich auftretenden Speichelfluss

Kurzfassung

  • Speichelfluss nachts stärker durch weniger bewusstes Schlucken und Reflux im Liegen.
  • Häufige Ursachen sind Reizungen, Reflux, blockierte Speicheldrüsen oder Schluckkoordination.
  • Warnzeichen, die Handeln erfordern: neurologische Ausfälle, Atemnot, häufiges Verschlucken.
  • Nachhaltige Schritte zu Hause statt auf eigene Faust „austrocknen“.
  • Frühzeitige Abklärung empfohlen, wenn Schluckprobleme oder einseitige Schwellungen auftreten.

Nachts, kurz vorm Einschlafen: Du schluckst dauernd, der Mund fühlt sich zu voll an. Manchmal steckt nur Reflux oder eine wunde Stelle dahinter, manchmal ein Speichelstein oder ein Problem beim Schlucken. Und es gibt Zeichen, bei denen Abwarten keine Option ist.

Wenn Speichel plötzlich „zu viel“ wirkt

Speichel ist normalerweise komplett unauffällig. Er hält die Mundschleimhaut feucht, schützt Zähne, macht Kauen angenehmer und sorgt dafür, dass Schlucken automatisch läuft. Im Alltag merkst du ihn erst dann, wenn irgendwas aus dem Takt gerät: Reiz im Mund, Magenstress, eine blockierte Speicheldrüse – oder ein Schluckablauf, der nicht mehr so selbstverständlich funktioniert.

Der wichtigste Gedanke gleich am Anfang: Es gibt „mehr Speichel“ und es gibt „Speichel bleibt länger im Mund“. Beides fühlt sich fast gleich an, ist aber nicht dasselbe. Bei einer echten Überproduktion reagieren Speicheldrüsen auf Reize und drehen hoch. Bei einem Schluck- oder Kontrollthema ist die Menge oft gar nicht das Kernproblem, sondern der Abtransport: Zunge, Lippen und Rachen arbeiten nicht mehr so geschmeidig zusammen – und dann sammelt sich der Speichel.[1]

Warum fällt es ausgerechnet abends oder nachts auf?

Viele erleben es genau dann, wenn alles ruhiger wird. Das hat oft drei sehr einfache Gründe: Du bist weniger abgelenkt, du liegst anders (Speichel sammelt sich leichter), und Reflux macht sich im Liegen oft stärker bemerkbar. Dazu kommt: Beim Einschlafen schluckst du weniger bewusst. Was tagsüber „mitläuft“, kann nachts plötzlich nerven.

Wenn es tagsüber fast egal ist und nachts deutlich stört, passt Reflux oder eine Reizung im Rachen oft ins Bild. Wenn es dagegen unabhängig von Tageszeit ist und du zusätzlich merkst, dass Schlucken unsicherer wird, lohnt sich eine frühere Abklärung – dann geht es weniger um „Mund zu voll“ und mehr um den Schluckablauf selbst.[1]

Häufige Ursachen, wenn es plötzlich auffällt

Die meisten Fälle lassen sich grob in vier Gruppen sortieren. Das ersetzt keine Diagnose, gibt aber eine realistische Richtung.

  • Reizung im Mundraum – entzündetes Zahnfleisch, Druckstellen von Schiene/Prothese, eine wunde Stelle an Wange oder Zunge, eine scharfe Kante am Zahn. Der Körper reagiert dann oft mit „spülen“.
  • Übelkeit oder Reflux – Speichel als Schutzfilm ist hier typisch. Manche spüren kein klares Brennen, sondern häufiges Schlucken, bitteren Geschmack, Räuspern oder Heiserkeit am Morgen.
  • Speicheldrüse/Abfluss – Speichelsteine können Ausführungsgänge blockieren. Häufig ist es einseitig (Wange/Kiefer) und beim Essen stärker, weil die Speichelproduktion dann anzieht und sich bei gestörtem Abfluss staut.[2]
  • Schluckkoordination, Neurologie oder Medikamente – wenn Speichel sich sammelt, weil Schlucken nicht mehr „automatisch“ wirkt, ist das eine andere Baustelle. Bei neurologischen Erkrankungen ist Sialorrhö ein bekanntes Begleitthema; Medikamente können Speichelfluss oder Kontrolle beeinflussen.[1]

Ein hilfreicher Unterschied: Wenn es sich so anfühlt, als würde der Mund „dauernd nachproduzieren“, passt das häufig zu Reiz/Magen. Wenn es sich so anfühlt, als würdest du aktiv nachschlucken müssen, weil Speichel „liegen bleibt“, passt das eher zu Kontrolle/Schlucken.

Der 2-Minuten-Check, der später wirklich hilft

Du musst keine Diagnose stellen. Aber du kannst dir die richtigen Fragen stellen, damit du nicht bei „irgendwie komisch“ hängen bleibst.

Der Zeitpunkt ist ein guter Start: Tritt es hauptsächlich nachts auf oder über den ganzen Tag? Wird es nach Essen oder Trinken deutlich mehr? Gibt es Trigger wie sehr sauer, sehr scharf, fettig oder Alkohol?

Dann kommt das Schluckgefühl: Musst du aktiv nachschlucken, weil Speichel „steht“? Verschluckst du dich leichter, vor allem bei Flüssigkeiten? Wirkt deine Stimme nach dem Trinken kurz „feucht“? Das sind Hinweise, die eher Richtung Schluckkoordination gehen.[1]

Und schließlich Begleitzeichen, die eine Richtung vorgeben:
Einseitige Schwellung oder Schmerz an Wange/Kiefer passt eher zu Speicheldrüse/Abfluss.[2] Wiederholtes Verschlucken ist ein Zeichen, das man nicht kleinreden sollte, weil es auch die Atemwege betreffen kann.[5]

Was du zu Hause tun kannst, ohne dir Steine in den Weg zu legen

Wenn keine Warnzeichen da sind, darfst du erstmal im Alltag ansetzen – mit Maßnahmen, die eher stabilisieren als herumprobieren.

Mundwinkel und Hautschutz sind so ein Punkt. Speichel macht die Haut weich, dann reißen Mundwinkel leichter ein. Eine neutrale Schutzpflege kann verhindern, dass aus einem nervigen Symptom zusätzlich eine schmerzhafte Stelle wird.

Wenn es nachts deutlich stärker ist, teste eine leichte Oberkörperhochlagerung. Das verändert die Situation im Rachen und kann bei Reflux spürbar sein.

Wenn du eine Schiene oder Prothese trägst: Sitzt sie wirklich sauber? Druckstellen sind oft klein, aber dauerhaft. Eine einzige Stelle, die ständig reizt, kann den Speichelreflex am Laufen halten.

Bei Verdacht auf Reflux reicht ein kurzer Alltagstest: zwei bis drei Abende früher essen, abends weniger fett/sauer, und beobachten, ob die Nächte ruhiger werden.

Was ich bewusst nicht empfehle: auf eigene Faust „austrocknen“. Mundtrockenheit kann Zähne und Schleimhaut belasten und Essen/Schlucken unangenehmer machen. Bei einem Schluckthema kann das sogar gegen dich arbeiten, weil die Gleitfähigkeit sinkt.[1]

Was in der Praxis bei der Abklärung passiert

In vielen Fällen beginnt es ziemlich bodenständig: Beginn, Verlauf, Tageszeiten, Trigger, Medikamente, Reflux-Anzeichen, Infekte, Zahnthemen. Danach wird Mund und Rachen untersucht.

Wenn der Verdacht in Richtung Speicheldrüse geht, ist Ultraschall häufig ein sinnvoller Schritt, um Stau, Steine oder Entzündungszeichen zu erkennen.[2] Wenn Schlucken auffällig ist, kann eine Schluckdiagnostik dazukommen – je nach Bild über HNO, Neurologie oder logopädische Mitbeurteilung.[1]

Für den Termin reichen drei kurze Stichworte auf dem Handy: seit wann, wann am stärksten, ob Verschlucken dabei ist. Das bringt sofort Struktur rein.

Behandlung: was realistisch ist

Bei Reizungen im Mund geht es meist darum, die Ursache zu beseitigen: Druckstelle weg, Entzündung behandeln, Mundschleimhaut beruhigen, Zahn-/Zahnfleischprobleme in den Griff bekommen. Das wirkt manchmal schneller, als man erwartet, weil der Körper den Speichelreflex dann nicht mehr „braucht“.

Bei Speichelsteinen hängt vieles an Lage und Größe. Typisch ist, dass Beschwerden rund ums Essen auffallen, weil Speichelproduktion anzieht und sich bei blockiertem Abfluss staut.[2] Wenn das Muster wiederkehrt, gehört es in die Abklärung.

Wenn der Schwerpunkt eher bei Schluckkoordination oder neurologischer Steuerung liegt, wird es mehrstufig. Dann geht es um Sicherheit beim Schlucken und Alltagstauglichkeit. Je nach Ursache kommen Schluck- und Sprechtherapie, medikamentöse Optionen (ärztlich abgewogen) und in ausgewählten Fällen auch Botulinumtoxin-Injektionen in Speicheldrüsen in Betracht.[1]

Ein Satz für den Hinterkopf

Wenn nicht nur der Speichel stört, sondern Schlucken selbst unsicher wirkt, ist das ein klarer Grund für eine frühere Abklärung.

Warnzeichen: wann Abwarten keine Option ist

Hier zählt nicht das Symptom allein, sondern die Kombination. In diesen Situationen ist Tempo wichtiger als Beobachten.

  • Plötzlich neurologische Zeichen – hängender Mundwinkel, Sprachprobleme, einseitige Schwäche oder starke Verwirrtheit: Verdacht auf Schlaganfall, sofort 112.[3]
  • Atemnot oder Erstickungsgefühl – besonders zusammen mit starken Halsschmerzen, hohem Fieber oder sehr schlechtem Allgemeinzustand.[4]
  • Wiederholtes Verschlucken – vor allem, wenn es neu ist oder schnell zunimmt.[1]
  • Husten/Fieber/Atemnot nach häufigem Verschlucken – mögliches Zeichen einer Aspirationspneumonie, ärztlich abklären.[5]

Was du dir davon mitnehmen kannst

Vermehrter Speichelfluss kann sich riesig anfühlen, weil er so präsent ist – und genau deshalb hilft eine klare Einordnung. Wenn keine Warnzeichen da sind, reichen oft ein paar Beobachtungen: tritt es eher nachts auf, gibt es Trigger, fühlt sich Schlucken normal an oder nicht, gibt es einseitige Schwellung oder Schmerzen.

Wenn nach einigen Tagen keine deutliche Besserung eintritt, wenn Schwellung/Schmerz im Bereich einer Speicheldrüse dazukommt oder wenn Schlucken auffällig wird, ist ein Termin der direkte Weg zu Klarheit. Und wenn Warnzeichen dabei sind, zählt nicht Beobachten, sondern sofort handeln.

Quellen

  1. AWMF: S2k-Leitlinie Hypersalivation (PDF) (abgerufen am 17.12.2025)
  2. gesund.bund.de: Speichelsteine (abgerufen am 17.12.2025)
  3. gesund.bund.de: Schlaganfall (abgerufen am 17.12.2025)
  4. gesund.bund.de: Kehldeckelentzündung (Epiglottitis) (abgerufen am 17.12.2025)
  5. Gesundheitsinformation.de (IQWiG): Lungenentzündung (abgerufen am 17.12.2025)
  6. TUM Klinikum: Informationen zu Speicheldrüsenerkrankungen (abgerufen am 17.12.2025)

FAQs zu plötzlich vermehrtem Speichelfluss

Warum ist plötzlich vermehrter Speichelfluss nachts oft stärker?

Plötzlich vermehrter Speichelfluss fällt nachts oft stärker auf, weil du im Liegen weniger „nebenbei“ schluckst und Speichel sich leichter sammelt. Zusätzlich kann Reflux im Liegen häufiger Richtung Rachen wirken, was den Speichelreflex verstärken kann.

Woran erkennt man eher Reflux als Ursache für vermehrten Speichelfluss?

Reflux als Ursache zeigt sich häufig zusammen mit bitterem Geschmack, häufigem Räuspern oder Heiserkeit am Morgen. Wenn vermehrter Speichelfluss vor allem im Liegen auftritt und sich nach spätem, fettigem oder sehr saurem Essen verstärkt, passt Reflux oft ins Muster.

Welche Anzeichen sprechen bei vermehrtem Speichelfluss für Speichelsteine?

Speichelsteine machen sich oft durch einseitigen Druck oder Schmerzen im Bereich Wange/Kiefer bemerkbar, die rund ums Essen stärker werden, weil die Speichelproduktion dann anzieht und der Abfluss gestört sein kann.[2]

Wann ist plötzlich vermehrter Speichelfluss ein Notfall?

Ein Notfall liegt vor, wenn plötzlich vermehrter Speichelfluss zusammen mit neurologischen Ausfällen wie hängendem Mundwinkel oder Sprachstörungen auftritt (Verdacht auf Schlaganfall).[3] Atemnot oder Erstickungsgefühl ist ebenfalls akut.[4] Wiederholtes Verschlucken mit Husten, Fieber oder Atemnot sollte zeitnah ärztlich geprüft werden.[5]

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