Manchmal fühlt sich das Leben an wie ein überraschendes Geschenkpaket – nur dass nicht immer Freude drin ist. Wenn ein Erbfall eintritt, ist das oft eine emotional aufgeladene Zeit. Und dann kommt vielleicht noch die Frage auf dich zu, ob du ein Erbe ausschlagen solltest. Eine Entscheidung, die weitreichende Folgen haben kann und gut überlegt sein will.
Wenn das Erbe mehr Fragen als Antworten aufwirft
Ein Todesfall in der Familie oder im Freundeskreis ist immer ein Einschnitt. Trauer, Erinnerungen, vielleicht auch unerledigte Dinge. Und dann, mitten in dieser Gemengelage, taucht das Thema Erbschaft auf. Für manche ist es ein unverhoffter Segen, für andere der Beginn einer komplizierten Angelegenheit. Denn nicht jedes Erbe ist ein Gewinn. Manchmal ist die Entscheidung, ein Erbe auszuschlagen, die vernünftigere, auch wenn sie sich im ersten Moment vielleicht komisch anfühlt. Es geht darum, sich vor möglichen finanziellen Nachteilen zu schützen oder schlichtweg, weil die Verantwortung für den Nachlass eine zu große Bürde wäre.
Die Vorstellung, ein potenzielles Vermögen einfach so ziehen zu lassen, mag zunächst widersinnig erscheinen. Doch es gibt handfeste Gründe, die dafürsprechen können, diesen Schritt zu gehen. Es ist eine dieser Weichenstellungen im Leben, bei der eine sorgfältige Prüfung unerlässlich ist. Dabei geht es nicht nur um Zahlen, sondern auch um persönliche Umstände und die eigene Lebensplanung.
Was bedeutet es überhaupt, ein Erbe auszuschlagen?
Im Grunde ist es ganz einfach erklärt: Wenn du ein Erbe ausschlägst, verzichtest du offiziell auf deinen Anteil am Nachlass einer verstorbenen Person. Du trittst sozusagen von deiner Position als Erbe zurück. Das hat zur Folge, dass du weder Vermögenswerte noch Schulden des Erblassers übernimmst. [3] Du wirst rechtlich so behandelt, als wärst du zum Zeitpunkt des Erbfalls gar nicht erbberechtigt gewesen. Diese Entscheidung ist bindend und kann in der Regel nicht ohne Weiteres rückgängig gemacht werden.
Dieser Schritt ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) klar geregelt. Das Gesetz sieht vor, dass eine Erbschaft zunächst automatisch auf den oder die berufenen Erben übergeht. Das Recht, das Erbe auszuschlagen, ist quasi die Notbremse, die du ziehen kannst, wenn du feststellst, dass die Annahme für dich nachteilig wäre. Das ist ein wichtiger Schutzmechanismus, denn niemand soll gezwungen werden, Schulden zu übernehmen, die er nicht verursacht hat.
Gründe, die für ein Erbe ausschlagen sprechen können
Die Motivation, ein Erbe auszuschlagen, kann vielfältig sein. Nicht immer sind es nur die Schulden, die den Ausschlag geben, auch wenn das der häufigste Grund ist.
Der Klassiker: Der Nachlass ist überschuldet
Das ist wohl der bekannteste und triftigste Grund: Der Erblasser hinterlässt mehr Schulden als Vermögen. Das können unbezahlte Rechnungen, Kredite, Hypotheken oder Steuerschulden sein. Würdest du ein solches Erbe annehmen, müsstest du für diese Verbindlichkeiten geradestehen – unter Umständen sogar mit deinem eigenen privaten Vermögen. Ein Blick in die Finanzen ist unerlässlich, um böse Überraschungen zu vermeiden. Es ist manchmal eine echte Detektivarbeit, sich einen Überblick über einen überschuldeten Nachlass zu verschaffen, aber diese Mühe kann dich vor erheblichem finanziellem Schaden bewahren. Die Option, das Erbe auszuschlagen, ist hier oft die Rettung vor dem persönlichen Ruin.
Persönliche Motive: Manchmal passt es einfach nicht
Es gibt auch Situationen, in denen die finanziellen Aspekte nicht im Vordergrund stehen. Vielleicht war das Verhältnis zum Erblasser zerrüttet, und du möchtest aus persönlichen Gründen nichts mit dem Nachlass zu tun haben. Oder der Nachlass besteht aus Gegenständen oder Immobilien, für die du keine Verwendung hast und deren Verwaltung für dich nur Aufwand bedeuten würde. Auch die emotionale Belastung, die mit der Abwicklung eines bestimmten Erbes verbunden sein kann, ist ein legitimer Grund, über das Ausschlagen des Erbes nachzudenken. Deine persönlichen Grenzen sind wichtig.
Komplexe Nachlässe und die Angst vor dem Aufwand
Manchmal ist ein Nachlass so unübersichtlich oder mit so vielen Verpflichtungen verbunden (z.B. ein sanierungsbedürftiges Haus, laufende Rechtsstreitigkeiten, ein Unternehmen ohne Nachfolgeregelung), dass der Aufwand für die Regelung immens wäre. Wenn du weder die Zeit noch die Nerven oder das Fachwissen hast, dich darum zu kümmern, kann das Erbe ausschlagen eine vernünftige Entscheidung sein. Es geht darum, realistisch einzuschätzen, was du leisten kannst und willst. Eine Erbschaft anzunehmen bedeutet eben auch, Verantwortung zu übernehmen – manchmal mehr, als einem lieb ist.
Gut zu wissen: Die Erbengemeinschaft
Wenn mehrere Personen erben, bilden sie eine Erbengemeinschaft. Das bedeutet, Entscheidungen über den Nachlass müssen oft gemeinsam getroffen werden. Das kann zu Konflikten führen, besonders wenn die Interessen der Miterben stark voneinander abweichen. Auch die Sorge vor langwierigen Auseinandersetzungen in einer Erbengemeinschaft kann ein Grund sein, ein Erbe lieber auszuschlagen und sich diesen potenziellen Stress zu ersparen.
Die tickende Uhr: Fristen beim Erbe ausschlagen unbedingt beachten
Wenn du überlegst, ein Erbe auszuschlagen, ist eines ganz entscheidend: die Zeit. Das Gesetz setzt hier klare Fristen, die du unbedingt einhalten musst.
Die Sechs-Wochen-Frist: Dein Zeitfenster zum Handeln
In der Regel hast du sechs Wochen Zeit, um ein Erbe auszuschlagen. Diese Frist beginnt ab dem Zeitpunkt, an dem du von dem Erbfall UND davon erfährst, dass du als Erbe berufen bist (sei es durch Gesetz oder durch ein Testament/Erbvertrag). [4] Das ist ein relativ knappes Zeitfenster, in dem du dir einen Überblick über den Nachlass verschaffen und eine Entscheidung treffen musst. Es ist also keine Zeit zu verlieren. Wenn ein Testament vorhanden ist, beginnt die Frist erst mit der Bekanntgabe des Testaments durch das Nachlassgericht.
Mir ist aufgefallen, dass viele diese Frist unterschätzen. Man ist in Trauer, hat vielleicht andere Dinge im Kopf, und ehe man sich versieht, sind die sechs Wochen um. Daher mein Rat: Kümmere dich frühzeitig darum, wenn du auch nur den leisesten Zweifel hast, ob du das Erbe annehmen möchtest.
Ausnahme Ausland: Längere Frist bei Auslandsbezug
Eine wichtige Ausnahme von der Sechs-Wochen-Frist gibt es: Die Ausschlagungsfrist für ein Erbe verlängert sich auf sechs Monate, wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz ausschließlich im Ausland hatte oder wenn du dich als Erbe bei Fristbeginn im Ausland aufhältst. [4] Das gibt dir etwas mehr Luft, um die notwendigen Informationen zu beschaffen und die Formalitäten zu erledigen, die bei Auslandsbezug oft komplizierter sind.
Schritt für Schritt: So gehst du vor, wenn du ein Erbe ausschlagen möchtest
Die Entscheidung ist gefallen, du möchtest das Erbe ausschlagen. Aber wie gehst du nun konkret vor? Der Prozess ist formalisiert, um Rechtssicherheit für alle Beteiligten zu schaffen.
Schritt 1: Information ist alles – Verschaffe dir einen Überblick
Auch wenn die Zeit drängt: Versuche, dir so schnell wie möglich einen Überblick über den Nachlass zu verschaffen. Gibt es Vermögen? Gibt es Schulden? Welche Vermögenswerte sind vorhanden (Konten, Immobilien, Wertgegenstände)? Welche Verbindlichkeiten (Kredite, offene Rechnungen)? Sprich mit anderen potenziellen Erben, sichte Unterlagen des Verstorbenen. Nur mit Informationen triffst du eine fundierte Entscheidung. Wenn du dir unsicher bist, wie du an diese Informationen kommst oder wie du sie bewerten sollst, kann eine erste Beratung bei einem Notar oder einem Fachanwalt für Erbrecht sinnvoll sein.
Schritt 2: Der Gang zum Nachlassgericht oder Notar
Um ein Erbe auszuschlagen, musst du eine entsprechende Erklärung abgeben. Dies kann entweder direkt beim zuständigen Nachlassgericht (das ist in der Regel das Amtsgericht am letzten Wohnsitz des Erblassers) zur Niederschrift erfolgen oder du lässt die Erklärung von einem Notar öffentlich beglaubigen. Der Notar leitet die Erklärung dann an das Nachlassgericht weiter. Die persönliche Anwesenheit oder notarielle Beglaubigung ist zwingend, ein einfacher Brief reicht nicht aus.
Schritt 3: Die Form der Erklärung – Mündlich zu Protokoll oder schriftlich beglaubigt?
Wie gerade erwähnt, hast du zwei Möglichkeiten:
- Du gehst persönlich zum Nachlassgericht und erklärst dort mündlich, dass du das Erbe ausschlagen möchtest. Diese Erklärung wird dann vom Rechtspfleger protokolliert.
- Du verfasst eine schriftliche Ausschlagungserklärung, deine Unterschrift darauf muss aber öffentlich beglaubigt werden, typischerweise durch einen Notar. Diese beglaubigte Erklärung reichst du dann (oder der Notar) beim Nachlassgericht ein.
Eine formlose schriftliche Erklärung ohne Beglaubigung ist unwirksam! Das ist ein Punkt, der oft zu Problemen führt, wenn die Formalien nicht beachtet werden. Die Entscheidung, ein Erbe auszuschlagen, ist zu gravierend, als dass man hier Formfehler riskieren sollte.
Schritt 4: Fallen Kosten für die Ausschlagung an?
Ja, für die Entgegennahme der Ausschlagungserklärung beim Nachlassgericht oder für die notarielle Beglaubigung fallen Gebühren an. Die Höhe der Gebühren richtet sich nach dem Wert des Nachlasses. Bei einem überschuldeten Nachlass sind die Gebühren aber in der Regel gering und betragen oft nur eine Mindestgebühr (z.B. 30 Euro). Die Kosten sind meist überschaubar und sollten dich nicht von einer notwendigen Ausschlagung abhalten. Im Vergleich zu den potenziellen Schulden, die du übernehmen könntest, sind diese Gebühren minimal.
Was passiert danach? Die Konsequenzen, wenn du ein Erbe ausschlägst
Die Ausschlagung eines Erbes hat klare rechtliche Folgen, nicht nur für dich, sondern auch für andere potenzielle Erben.
Wer rückt nach? Die Erbfolge nach der Ausschlagung
Wenn du das Erbe ausschlägst, wirst du so behandelt, als wärst du zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht mehr am Leben gewesen. Das bedeutet, dein Erbteil geht auf die Person über, die nach der gesetzlichen oder testamentarischen Erbfolge als Nächste berufen wäre. Das können deine Kinder sein, deine Geschwister oder andere Verwandte. Die Ausschlagung kann eine Kettenreaktion auslösen. Es ist wichtig, dies zu bedenken, insbesondere wenn auch die nachrückenden Erben mit einem überschuldeten Nachlass konfrontiert wären. Diese müssen dann ihrerseits überlegen, ob sie das Erbe ausschlagen wollen und die entsprechenden Fristen beachten.
Keine Haftung mehr für Schulden des Erblassers
Das ist der zentrale Punkt: Mit der wirksamen Ausschlagung des Erbes bist du von jeglicher Haftung für die Schulden des Erblassers befreit. [1] Du musst nicht für seine Kredite, unbezahlten Rechnungen oder sonstige Verbindlichkeiten aufkommen. Dein eigenes Vermögen bleibt geschützt. Dies ist oft die Hauptmotivation, ein Erbe auszuschlagen, und ein ganz wesentlicher Vorteil dieser Entscheidung.
Die Folgen einer Erbausschlagung sind also weitreichend. Du verlierst nicht nur den Anspruch auf mögliche Vermögenswerte, sondern eben auch die Pflicht, für Schulden einzustehen. Das ist ein Nullsummenspiel für dich – du bekommst nichts, musst aber auch nichts zahlen.

Availability | Auf Lager |

Availability | Auf Lager |

Availability | Auf Lager |

Availability | Auf Lager |
Frist verpasst? Nicht immer ist alles verloren
Was aber, wenn die sechswöchige (oder sechsmonatige) Frist verstrichen ist und du das Erbe eigentlich ausschlagen wolltest? Grundsätzlich gilt die Erbschaft dann als angenommen. Doch es gibt unter bestimmten Umständen noch Möglichkeiten, sich von den Folgen zu befreien.
Anfechtung der Annahme: Unter welchen Umständen möglich?
Wenn du die Frist versäumt hast, weil du beispielsweise über den Inhalt des Nachlasses (insbesondere über eine Überschuldung) geirrt hast oder bedroht oder getäuscht wurdest, kannst du die Annahme der Erbschaft unter Umständen anfechten. Die Anfechtung muss ebenfalls innerhalb einer Frist von sechs Wochen erfolgen, nachdem du von dem Anfechtungsgrund (z.B. der Überschuldung) erfahren hast. Die Anfechtung ist komplex und sollte unbedingt mit juristischer Unterstützung angegangen werden. Das ist kein Spaziergang und die Hürden sind hoch.
Haftungsbeschränkung als Alternative zur Ausschlagung
Selbst wenn eine Ausschlagung oder Anfechtung nicht mehr möglich ist, bist du nicht schutzlos den Schulden des Erblassers ausgeliefert. Das deutsche Erbrecht bietet Möglichkeiten, die Haftung auf den Nachlass zu beschränken. [1] Dazu gehören die Beantragung einer Nachlassinsolvenz oder die Erhebung der Dürftigkeitseinrede (wenn der Nachlass nicht einmal die Kosten eines Insolvenzverfahrens deckt). In diesen Fällen haftest du zwar als Erbe, aber nur mit dem geerbten Vermögen, nicht mit deinem Privatvermögen. Dein Eigenvermögen bleibt geschützt. Das ist eine wichtige Option, wenn du die Frist zum Erbe ausschlagen verpasst hast, aber einen überschuldeten Nachlass geerbt hast.
Spezialfälle beim Erbe ausschlagen: Das solltest du wissen
Es gibt einige besondere Konstellationen, die beim Thema Erbe ausschlagen zusätzliche Aufmerksamkeit erfordern.
Minderjährige Erben und die Zustimmung des Familiengerichts
Wenn ein Minderjähriger erbt und die gesetzlichen Vertreter (in der Regel die Eltern) für ihn das Erbe ausschlagen wollen, weil es beispielsweise überschuldet ist, benötigen sie dafür in den meisten Fällen die Genehmigung des Familiengerichts. Das Gericht prüft, ob die Ausschlagung im Interesse des Kindes ist. Dieser Prozess kann zusätzliche Zeit in Anspruch nehmen, was bei der knappen Ausschlagungsfrist berücksichtigt werden muss.
Digitaler Nachlass: Auch hier lauern Pflichten
Der digitale Nachlass, also Online-Konten, Social-Media-Profile, E-Mail-Accounts etc., geht ebenfalls auf die Erben über. [1] Auch hier können Verpflichtungen oder sogar Kosten entstehen. Wenn du ein Erbe annimmst, musst du dich auch um diese Aspekte kümmern. Beim Erbe ausschlagen entfällt diese Verantwortung. Es ist erstaunlich, wie komplex dieser Bereich geworden ist und wie wenige Menschen dafür Vorsorge treffen. Für Erben kann das eine echte Herausforderung sein, sich einen Überblick zu verschaffen.
Nicht immer die beste Lösung: Alternativen zum Erbe ausschlagen
Die Entscheidung, ein Erbe auszuschlagen, ist oft die richtige, aber nicht immer die einzige oder beste Option. Manchmal gibt es Alternativen, die du prüfen solltest, besonders wenn der Nachlass nicht hoffnungslos überschuldet ist oder emotionale Werte im Spiel sind.
Die Nachlassinsolvenz: Ein Weg bei Überschuldung
Ist der Nachlass zwar überschuldet, aber es gibt noch verwertbares Vermögen, kann die Beantragung eines Nachlassinsolvenzverfahrens eine Möglichkeit sein. Dadurch wird die Haftung für die Nachlassverbindlichkeiten auf den Nachlass beschränkt. Du als Erbe haftest dann nicht mit deinem Privatvermögen. Dies erfordert aktives Handeln und ist mit Kosten verbunden, kann aber sinnvoll sein, um Ordnung in die Finanzen zu bringen und die Gläubiger zumindest teilweise zu befriedigen.
Die Dürftigkeitseinrede: Schutz vor dem Zugriff auf Eigenvermögen
Wenn der Nachlass so gering ist, dass er nicht einmal die Kosten eines Nachlassinsolvenzverfahrens decken würde (man spricht von einem „dürftigen“ Nachlass), kannst du als Erbe die sogenannte Dürftigkeitseinrede erheben. Damit verweigerst du die Begleichung von Nachlassschulden, soweit der Nachlass dafür nicht ausreicht. Auch hier ist dein Privatvermögen geschützt. Dies ist oft eine pragmatische Lösung bei sehr kleinen, aber überschuldeten Nachlässen.
Steuerliche Aspekte bedenken
Auch wenn du ein Erbe annimmst, bedeutet das nicht automatisch, dass hohe Steuern fällig werden. Es gibt Freibeträge, die je nach Verwandtschaftsgrad variieren. Für Ehegatten und Kinder sind diese beispielsweise recht hoch (500.000 € bzw. 400.000 €).[2] Es lohnt sich, die potenziellen Erbschaftsteuern zu prüfen, bevor du vorschnell ein Erbe ausschlägst, nur weil du Steuern fürchtest.
Eine schwere Entscheidung: Pro und Contra zum Erbe ausschlagen
Die Entscheidung, ein Erbe auszuschlagen oder anzunehmen, ist selten schwarz oder weiß. Es ist eine Abwägung verschiedener Faktoren. Hier eine kleine Gegenüberstellung, die dir vielleicht bei der Orientierung hilft:
Argumente für das Erbe ausschlagen | Argumente gegen das Erbe ausschlagen (für Annahme) |
---|---|
Schutz vor Übernahme von Schulden des Erblassers. | Möglicher Vermögenszuwachs (Geld, Immobilien, Wertgegenstände). |
Vermeidung von aufwendiger Nachlassabwicklung. | Emotionale Verbundenheit mit Erinnerungsstücken. |
Keine Haftung für unbekannte Verbindlichkeiten. | Übernahme von Verantwortung für den letzten Willen des Erblassers. |
Entlastung von emotional belastenden Verpflichtungen. | Möglichkeit, Werte für nachfolgende Generationen zu erhalten. |
Vermeidung von Konflikten in einer Erbengemeinschaft. | Chance, ein Unternehmen oder Lebenswerk fortzuführen. |
Klare Trennung vom Nachlass, keine weiteren Pflichten. | Erfüllung eines moralischen oder familiären Auftrags. |
Diese Tabelle ist natürlich nur eine grobe Richtschnur. Jede Situation ist individuell. Was mir aber immer wieder auffällt: Viele Menschen treffen diese Entscheidung unter großem Zeitdruck und emotionaler Anspannung. Nimm dir, soweit es die Fristen zulassen, die Zeit für eine sorgfältige Prüfung.
Abschließende Gedanken zum Thema Erbe ausschlagen
Die Möglichkeit, ein Erbe auszuschlagen, ist ein wichtiges Instrument des deutschen Erbrechts. Es schützt dich davor, unverschuldet in finanzielle Schwierigkeiten zu geraten oder eine Last aufgebürdet zu bekommen, die du nicht tragen kannst oder willst. Die Entscheidung ist jedoch endgültig und sollte daher nicht leichtfertig getroffen werden. Informiere dich gründlich, beachte die kurzen Fristen und scheue dich nicht, bei Unsicherheiten Rat zu suchen. Manchmal ist der Verzicht auf ein Erbe der klügere Weg, um unbelastet in die eigene Zukunft blicken zu können. Es ist eine dieser Entscheidungen, bei der Vernunft oft über dem ersten Impuls stehen sollte, auch wenn das nicht immer leichtfällt.
Ein Erbe auszuschlagen bedeutet nicht, dem Verstorbenen keinen Respekt zu zollen. Es ist eine pragmatische und oft notwendige Handlung, um die eigene finanzielle und persönliche Integrität zu wahren. Und das ist ein Recht, das dir zusteht.
Quellen
- Bundesministerium der Justiz: Erbrecht (abgerufen am 27.05.2025)
- Bundesministerium der Justiz: Broschüre „Erben und Vererben“ (abgerufen am 27.05.2025)
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) § 1942 Anfall und Ausschlagung der Erbschaft (abgerufen am 27.05.2025)
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) § 1944 Ausschlagungsfrist (abgerufen am 27.05.2025)
FAQs zum Thema Erbe ausschlagen
Was passiert eigentlich, wenn alle in der Erbfolge das Erbe ausschlagen?
Das ist eine interessante Frage, die tatsächlich vorkommen kann, insbesondere wenn ein Nachlass stark überschuldet ist. Stell dir vor, du schlägst aus, und dann auch alle nachfolgenden Erben in der gesetzlichen oder testamentarischen Erbfolge, also beispielsweise deine Kinder, Enkelkinder oder auch Geschwister. Wenn wirklich niemand mehr da ist, der das Erbe annehmen könnte oder wollte, dann tritt am Ende der Staat als letzter Erbe ein. Man spricht dann vom sogenannten Fiskalerben, wobei das Bundesland erbt, in dem der Verstorbene seinen letzten Wohnsitz hatte. Der Staat kann diese Erbschaft übrigens nicht ausschlagen, haftet aber für eventuelle Schulden nur mit dem Wert des übernommenen Nachlasses und nicht darüber hinaus mit eigenem Vermögen.
Kann ich ein Erbe ausschlagen und trotzdem meinen Pflichtteil bekommen?
Das ist eine häufige Überlegung, denn der Pflichtteil ist ja ein wichtiger finanzieller Mindestschutz für nahe Angehörige. Grundsätzlich gilt: Wenn du als gesetzlicher Erbe, beispielsweise als Kind oder Ehegatte, das Erbe ohne einen triftigen Grund ausschlägst, verlierst du in der Regel auch deinen Pflichtteilsanspruch. Der Gedanke dahinter ist, dass du nicht einfach nur die Vorteile ohne die Lasten wählen sollst. Es gibt jedoch eine wichtige Ausnahme: Wurdest du durch ein Testament enterbt oder ist dein Erbteil mit erheblichen Beschränkungen oder Beschwerungen versehen (zum Beispiel durch eine Testamentsvollstreckung, die dich stark einschränkt, oder du bist nur als Nacherbe eingesetzt), dann kannst du dieses beschwerte Erbe ausschlagen und stattdessen deinen vollen Pflichtteil fordern. Dieses Vorgehen solltest du aber unbedingt mit juristischer Beratung prüfen, da die Details oft komplex sind.
Was passiert, wenn ich schon Dinge aus dem Nachlass angenommen oder benutzt habe, bevor ich mich zur Ausschlagung entscheide?
Das ist ein ganz wichtiger Punkt, bei dem du wirklich aufpassen musst, denn hier können schnell Fallstricke lauern. Wenn du nämlich Handlungen vornimmst, die objektiv darauf schließen lassen, dass du das Erbe endgültig behalten möchtest, kann das als sogenannte konkludente, also stillschweigende, Annahme der Erbschaft gewertet werden. Das könnte zum Beispiel passieren, wenn du einen Antrag auf einen Erbschein stellst, ohne Vorbehalt Wertgegenstände aus dem Nachlass verkaufst oder eine Immobilie bereits umfassend für dich renovierst. Reine Fürsorgemaßnahmen, wie das Bezahlen der Beerdigungskosten aus eigenen Mitteln oder die kurzfristige Sicherung des Nachlasses (etwa Haustiere versorgen), gelten hingegen normalerweise nicht als Annahme. Bist du dir unsicher, ob eine bestimmte Handlung bereits als Annahme interpretiert werden könnte, ist es besser, sehr vorsichtig zu sein und im Zweifel professionellen Rat einzuholen, bevor die Ausschlagungsfrist verstreicht.
Kann ich meine Entscheidung, das Erbe auszuschlagen, später wieder rückgängig machen, wenn ich es mir anders überlege?
Normalerweise ist die einmal erklärte Ausschlagung des Erbes eine endgültige und bindende Entscheidung; du kannst sie also nicht einfach widerrufen, nur weil du deine Meinung geändert hast. Das Gesetz sieht jedoch vor, dass du deine Ausschlagungserklärung unter bestimmten, sehr engen Voraussetzungen anfechten kannst, ähnlich wie es auch bei der Anfechtung einer versehentlichen Annahme möglich ist. Ein solcher Anfechtungsgrund könnte beispielsweise vorliegen, wenn du bei deiner Entscheidung über wesentliche Eigenschaften des Nachlasses geirrt hast – etwa, wenn du fälschlicherweise von einer hohen Überschuldung ausgegangen bist, die sich später als nicht existent herausstellt. Auch eine arglistige Täuschung oder eine widerrechtliche Drohung könnten Gründe für eine Anfechtung sein. Wichtig ist, dass du für diese Anfechtung ebenfalls eine Frist von sechs Wochen einhalten musst, die ab dem Zeitpunkt beginnt, an dem du von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangst, und die Anfechtung muss wiederum gegenüber dem Nachlassgericht erklärt werden. Aufgrund der Komplexität und der strengen Anforderungen ist hier anwaltliche Unterstützung meist unerlässlich.