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Muss ich dem Ex wirklich Unterhalt zahlen – ja oder nein?

Eine Beziehung endet, doch die finanziellen Verbindungen bleiben oft bestehen. Die Frage nach Unterhaltszahlungen nach einer Trennung ist mehr als eine reine Rechenaufgabe; sie berührt unser Gerechtigkeitsempfinden, unsere Lebensplanung und die Art, wie wir ein gemeinsames Kapitel fair abschließen. Die Klärung, muss ich dem Ex wirklich Unterhalt zahlen, ist ein notwendiger Schritt in einen neuen Lebensabschnitt.

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Disclaimer

Dieser Text bietet eine erste Orientierung und allgemeine Informationen. Er ersetzt keine individuelle Rechtsberatung durch einen Fachanwalt für Familienrecht, die bei einer Trennung oder Scheidung dringend zu empfehlen ist.

Wenn aus „Wir“ wieder „Ich“ wird – und das Geld dazwischensteht

Neulich saß ich in einem kleinen Café und beobachtete am Nebentisch ein Paar, das sich leise, aber mit einer spürbaren Anspannung über die Rechnung unterhielt. Eine Banalität, gewiss. Doch es erinnerte mich daran, wie schnell Geld zu einem Streitpunkt werden kann, selbst bei Kleinigkeiten. Nach einer Trennung geht es nicht mehr um die Rechnung für zwei Cappuccino, sondern um die finanzielle Grundlage ganzer Lebensentwürfe. Die Frage, muss ich dem Ex wirklich Unterhalt zahlen, ist dabei oft die, die am lautesten im Raum steht, auch wenn sie nur geflüstert wird. Sie ist emotional aufgeladen und voller Missverständnisse. Denn es geht nicht um eine Bestrafung oder einen Gewinn, sondern um einen gesetzlich geregelten Ausgleich, der für Fairness in einer schwierigen Übergangsphase sorgen soll.

Dabei ist die Vorstellung, für jemanden zahlen zu müssen, mit dem man die Zukunft nicht mehr teilt, für viele nur schwer zu akzeptieren. Es fühlt sich an wie ein Überbleibsel aus einem alten Leben, das man eigentlich hinter sich lassen möchte. Doch das Gesetz betrachtet die Sache nüchterner: Es sieht eine fortwährende Verantwortung, die aus einer ehelichen oder partnerschaftlichen Lebensgemeinschaft erwachsen kann. Gerade dann, wenn ein Partner wirtschaftlich schwächer dasteht, weil er zum Beispiel für die Kinderbetreuung beruflich zurückgesteckt hat.

Was genau ist Unterhalt und wer hat Anspruch?

Unterhalt ist im Grunde die gesetzliche Verpflichtung, für den Lebensbedarf einer anderen Person aufzukommen.[1] Das kann durch Geldzahlungen geschehen, aber auch durch Betreuung und Erziehung, wie es meist der Elternteil tut, bei dem die Kinder leben. Bei einer Trennung von Paaren rücken vor allem drei Formen des finanziellen Unterhalts in den Mittelpunkt: der Kindesunterhalt, der Trennungsunterhalt und der nacheheliche Unterhalt. Der Kindesunterhalt steht dabei immer an erster Stelle und hat Vorrang vor allen anderen Ansprüchen.

Der Trennungsunterhalt kann ab dem Zeitpunkt der Trennung bis zur rechtskräftigen Scheidung gefordert werden. Er soll sicherstellen, dass der wirtschaftlich schwächere Partner seinen Lebensstandard, so wie er während der Ehe bestand, vorerst beibehalten kann. Nach der Scheidung kann unter bestimmten Bedingungen ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt bestehen. Hier geht der Gesetzgeber aber grundsätzlich davon aus, dass jeder wieder für sich selbst sorgt. Nur in Ausnahmefällen, etwa wegen der Betreuung kleiner Kinder, wegen Krankheit oder fortgeschrittenen Alters, gibt es weiterhin einen Anspruch.[2]

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Ehe oder nicht – ein entscheidender Unterschied

Für den Anspruch auf Unterhalt für den Ex-Partner ist es von großer Bedeutung, ob ihr verheiratet wart oder nicht. Der Trennungs- und nacheheliche Unterhalt ist grundsätzlich an die Ehe geknüpft. Für unverheiratete Paare gibt es diese Formen des Partnerunterhalts nicht. Eine Ausnahme bildet der sogenannte Betreuungsunterhalt, wenn gemeinsame Kinder da sind. Dieser Anspruch besteht unabhängig vom Trauschein.

Muss ich dem Ex wirklich Unterhalt zahlen, wenn wir verheiratet waren?

Wart ihr verheiratet, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass zumindest für eine gewisse Zeit Unterhalt gezahlt werden muss, sofern ein Einkommensgefälle besteht. Das Gesetz sieht hier eine klare Solidaritätspflicht vor, die mit der Ehe eingegangen wurde.

Trennungsunterhalt im ersten Jahr

Im ersten Jahr nach der Trennung, dem sogenannten Trennungsjahr, sind die Regeln relativ eindeutig. Der Partner mit dem geringeren oder gar keinem Einkommen hat in der Regel einen Anspruch auf Trennungsunterhalt. Der Gedanke dahinter ist, dass die ehelichen Lebensverhältnisse nicht abrupt enden sollen. Der bedürftige Partner soll Zeit bekommen, sich auf die neue finanzielle Situation einzustellen. Während dieser Zeit besteht meist keine Verpflichtung, eine Arbeit aufzunehmen oder eine Teilzeitstelle aufzustocken, wenn man vorher nicht berufstätig war.[2] Der bisherige Lebensstandard soll so gut wie möglich aufrechterhalten werden.

Nachehelicher Unterhalt: Der Grundsatz der Eigenverantwortung

Nach der Scheidung ändert sich die Lage. Der Grundsatz der Eigenverantwortung tritt in den Vordergrund. Jeder ist nun angehalten, selbst für seinen Lebensunterhalt zu sorgen. Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist daher die Ausnahme, nicht die Regel. Er muss gesondert begründet werden. Die häufigsten Gründe sind:

  • Betreuung eines gemeinsamen Kindes: Wer ein kleines Kind betreut, kann oft nicht oder nur eingeschränkt arbeiten. Mindestens bis zum dritten Geburtstag des Kindes besteht daher meist ein Unterhaltsanspruch.[3] Je nach Betreuungsmöglichkeiten und individueller Situation kann dieser Anspruch auch länger bestehen.
  • Alter oder Krankheit: Wenn ein Ex-Partner aufgrund seines Alters oder einer Krankheit nicht mehr in der Lage ist, für sich selbst zu sorgen, kann ein lebenslanger Unterhaltsanspruch entstehen.
  • Lange Ehedauer: Bei Ehen, die über viele Jahre bestanden haben und in denen ein Partner seine Karriere für die Familie aufgegeben hat, kann es unbillig sein, ihn auf ein deutlich niedrigeres Lebensniveau zu verweisen. Hier kann ein Unterhaltsanspruch aus Billigkeitsgründen bestehen bleiben.
  • Ausbildung oder Umschulung: Hat ein Partner wegen der Ehe eine Ausbildung abgebrochen oder gar nicht erst begonnen, kann er für die Dauer einer Ausbildung oder Umschulung Unterhalt verlangen, um eine eigene wirtschaftliche Grundlage zu schaffen.[1]

Und was gilt für unverheiratete Paare?

Trennt sich ein unverheiratetes Paar, ist die Sache finanziell meist einfacher, aber nicht immer. Einen Anspruch auf Trennungs- oder nachehelichen Unterhalt gibt es nicht, egal wie lange die Beziehung dauerte. Die finanzielle Verantwortung füreinander endet mit der Trennung. Eine wichtige Ausnahme gibt es allerdings, die oft stiefmütterlich behandelt wird: den Betreuungsunterhalt.

Wenn ihr gemeinsame Kinder habt, hat derjenige, der das Kind hauptsächlich betreut und deshalb nicht oder nur wenig arbeiten kann, einen Anspruch auf Unterhalt vom anderen Elternteil. Dieser Anspruch ist nicht an eine Ehe geknüpft, sondern allein an die gemeinsame Elternschaft. Er soll den Einkommensausfall durch die Kinderbetreuung ausgleichen. In der Regel besteht dieser Anspruch für mindestens drei Jahre nach der Geburt des Kindes.[3] Der betreuende Elternteil ist in dieser Zeit auch nicht verpflichtet, arbeiten zu gehen. Dieser Unterhalt für den betreuenden Elternteil wird zusätzlich zum Kindesunterhalt gezahlt.

Die Berechnung: Ein Blick auf die Düsseldorfer Tabelle

Die Höhe des Unterhalts ist keine Willkür, sondern folgt klaren Regeln. Als zentrale Richtlinie dient hier die sogenannte „Düsseldorfer Tabelle“. Sie ist zwar rechtlich nicht bindend, wird aber von Gerichten in ganz Deutschland als Orientierungshilfe herangezogen.[2] Sie staffelt den Unterhalt nach dem Einkommen des zahlungspflichtigen Partners und dem Alter der Kinder.

Beim Ehegattenunterhalt ist die Berechnung etwas anders. Eine gängige Faustformel besagt, dass dem bedürftigen Partner 45 % der Differenz der bereinigten Nettoeinkommen beider zusteht. Hat nur ein Partner Einkommen, erhält der andere davon ebenfalls rund 45 %. Das „bereinigte“ Nettoeinkommen ist dabei das, was nach Abzug von berufsbedingten Aufwendungen, Schulden und dem Kindesunterhalt übrig bleibt.

Zur Veranschaulichung, wie sich die Situation darstellt, hier ein vereinfachter Überblick:

Situation Möglicher Anspruch Grundlage
Verheiratet, getrennt lebend Trennungsunterhalt Anspruch zur Aufrechterhaltung des ehelichen Lebensstandards.
Geschieden, gemeinsames Kind (2 Jahre) Nachehelicher Unterhalt wegen Kindesbetreuung Anspruch besteht mindestens bis zum 3. Lebensjahr des Kindes.
Geschieden, lange Ehe (20+ Jahre), ein Partner ohne Einkommen Nachehelicher Unterhalt aus Billigkeitsgründen Die lange Ehedauer und die damit verbundene Lebensplanung werden berücksichtigt.
Unverheiratet, getrennt, gemeinsames Kind (1 Jahr) Betreuungsunterhalt Anspruch besteht unabhängig von einer Ehe für den betreuenden Elternteil.
Unverheiratet, getrennt, keine Kinder Kein Partnerunterhalt Jeder ist für sich selbst verantwortlich.

Die Grenzen der Zahlungspflicht: Der Selbstbehalt

Niemand muss Unterhalt zahlen, wenn er dadurch selbst unter das Existenzminimum fallen würde. Dafür gibt es den sogenannten Selbstbehalt. Das ist ein Betrag, der dem Unterhaltspflichtigen in jedem Fall zum Leben bleiben muss. Die Höhe des Selbstbehalts wird ebenfalls in der Düsseldorfer Tabelle festgelegt und regelmäßig angepasst. Er ist gegenüber minderjährigen Kindern niedriger als gegenüber volljährigen Kindern oder dem Ex-Partner. Aktuell liegt der notwendige Selbstbehalt gegenüber minderjährigen Kindern bei 1.450 Euro für Erwerbstätige. Dieser Betrag ist unantastbar und schützt die eigene wirtschaftliche Existenz des Zahlenden.

Zudem kann ein Unterhaltsanspruch gekürzt werden oder ganz entfallen, wenn er grob unbillig wäre. Das kann der Fall sein, wenn die Ehe nur von sehr kurzer Dauer war oder der bedürftige Partner eine neue, verfestigte Lebensgemeinschaft eingegangen ist. Das sind aber immer Einzelfallentscheidungen, die ein Gericht treffen muss.

Einvernehmliche Lösungen sind immer der beste Weg

Auch wenn das Gesetz klare Regeln vorgibt, ist ein Gerichtsverfahren oft langwierig, teuer und emotional zermürbend. Die beste und kostengünstigste Lösung ist fast immer eine außergerichtliche Einigung. Viele Paare schaffen es, gemeinsam faire Regelungen zu finden, die die Bedürfnisse beider Seiten berücksichtigen. Eine solche Vereinbarung kann schriftlich festgehalten werden, am besten in einer notariellen Urkunde. Das schafft für beide Seiten Klarheit und Sicherheit.

Wenn die Fronten verhärtet sind, können Mediatoren oder die Beratungsstellen der Jugendämter helfen, eine Brücke zu bauen.[2] Erst wenn all das nicht funktioniert, sollte der Weg zum Anwalt und zum Gericht der letzte Schritt sein. Ein offenes Gespräch, auch wenn es schwerfällt, kann oft mehr bewirken als monatelange Schreiben vom Anwalt. Es geht darum, ein Kapitel des Lebens fair zu beenden, damit beide Partner die Chance haben, ein neues unbelastet zu beginnen.

Quellen

  1. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: „Was ist Unterhalt?“ (abgerufen am 22.07.2025)
  2. Justizportal des Landes Nordrhein-Westfalen: „Unterhalt“ (abgerufen am 22.07.2025)
  3. scheidung.org: „Auch Unverheiratete können Anspruch auf Unterhalt vom Ex haben!“ (abgerufen am 22.07.2025)

FAQs zum Thema Muss ich dem Ex wirklich Unterhalt zahlen

Was ist, wenn mein Ex-Partner arbeiten könnte, es aber nicht tut?

Grundsätzlich gilt nach der Scheidung der Grundsatz der Eigenverantwortung. Wenn dein Ex-Partner also arbeitsfähig ist, aber bewusst keine zumutbare Arbeit aufnimmt, um weiterhin Unterhalt zu beziehen, kann das Konsequenzen haben. Ein Gericht kann in einem solchen Fall ein sogenanntes „fiktives Einkommen“ anrechnen. Das bedeutet, es wird berechnet, was dein Ex-Partner bei gutem Willen verdienen könnte, und der Unterhaltsanspruch wird entsprechend gekürzt oder kann sogar ganz entfallen.

Kann die Höhe des Unterhalts später noch geändert werden?

Ja, die Höhe des Unterhalts ist nicht für immer in Stein gemeißelt. Wenn sich die finanziellen Verhältnisse von dir oder deinem Ex-Partner wesentlich und dauerhaft ändern, kann der Unterhalt angepasst werden. Ein klassischer Grund wäre zum Beispiel der Verlust deines Arbeitsplatzes, eine deutliche Gehaltserhöhung bei deinem Ex-Partner oder dein Eintritt in den Ruhestand. Eine Anpassung geschieht jedoch nicht automatisch; du musst sie aktiv beantragen und die veränderten Umstände nachweisen.

Wie wirkt sich der Unterhalt auf meine Steuererklärung aus?

Unterhaltszahlungen an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehepartner können steuerlich geltend gemacht werden. Du als zahlende Person kannst die Zahlungen im Rahmen des sogenannten „Realsplittings“ als Sonderausgaben von der Steuer absetzen. Das mindert dein zu versteuerndes Einkommen. Im Gegenzug muss dein Ex-Partner den erhaltenen Unterhalt als sonstige Einkünfte versteuern. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass dein Ex-Partner zustimmt, was in der Regel auf der Steuererklärung (Anlage U) dokumentiert wird.

Hafte ich für neue Schulden, die mein Ex-Partner nach der Trennung macht?

Nein, für Schulden, die dein Ex-Partner nachweislich nach eurer Trennung allein aufnimmt, haftest du grundsätzlich nicht. Ab dem Zeitpunkt der Trennung wirtschaftet jeder wieder für sich. Wichtig ist jedoch, dass ihr gemeinsame Konten oder Kreditkarten so schnell wie möglich auflöst oder umschreibt, damit hier keine neuen gemeinsamen Verbindlichkeiten entstehen können, für die ihr beide haften würdet.

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