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Steuern & Versicherungen

Muss man eine Steuererklärung machen? Eine klare Orientierung

Die Tage werden länger, der Sommer ist da und mit ihm taucht bei vielen eine wiederkehrende Frage auf, die sich anfühlt wie eine alte, leicht angestaubte Akte auf dem Schreibtisch. Die Frage, ob man eine Steuererklärung machen muss, ist für die meisten von uns kein Lieblingsthema, sondern eher eine Pflichtübung, die man gern vor sich herschiebt. Dabei ist die ganze Angelegenheit oft weniger dramatisch und manchmal sogar überraschend vorteilhaft.

Das Wichtigste in Kürze

  • Pflichtveranlagung: Personen mit bestimmten Einkünften müssen eine Steuererklärung abgeben.
  • Grundfreibetrag: Einkommen unter dieser Grenze ist steuerbefreit; betrifft vor allem einfache Arbeitsverhältnisse.
  • Rentner: Steuerpflicht hängt von zusätzlichem Einkommen ab, nicht nur von der Rente selbst.
  • Freiwillige Abgabe: Chance auf Rückerstattung für viele Arbeitnehmer; durchschnittlich über 1.000 Euro.
  • Fristen: Abgabefrist für Pflichtveranlagung meist im Juli; mit Steuerberater bis Februar des übernächsten Jahres.

Der jährliche Briefumschlag und die große Frage

Ich sehe es jedes Jahr wieder im Büro und im Freundeskreis: Spätestens, wenn der Juni sich dem Ende zuneigt, macht sich eine leise Unruhe breit. Es ist die Zeit der Fristen, und das Thema Steuern liegt in der Luft. Viele verbinden damit vor allem Aufwand, komplizierte Formulare und die Sorge, etwas falsch zu machen. Die zentrale Frage, die dabei immer wieder aufkommt, ist die nach der Verpflichtung. Bin ich überhaupt dran? Oder kann ich das Ganze getrost ignorieren?

Die Vorstellung, dass die Steuererklärung eine Art Strafe oder zumindest eine lästige Pflicht ist, sitzt tief. Doch das ist ein grundlegendes Missverständnis. In Wahrheit ist sie oft nichts weiter als eine Abrechnung. Eine Art Kassensturz mit dem Staat, bei dem geprüft wird, ob die Vorauszahlungen, die man über das Jahr geleistet hat, auch wirklich gestimmt haben. Und dieser Kassensturz kann sich auszahlen. Manchmal ist er sogar eine Chance, sich einen Teil seines Geldes zurückzuholen.

Die Pflicht zur Abgabe: Wann das Finanzamt auf dich zukommt

Zuerst die weniger angenehme Seite: Es gibt Situationen, in denen du gesetzlich verpflichtet bist, eine Steuererklärung zu machen. Das nennt sich im Amtsdeutsch „Pflichtveranlagung“. Das Finanzamt erwartet dann von dir eine Abrechnung deiner Einkünfte, weil es davon ausgeht, dass die monatlich abgeführte Lohnsteuer nicht ausreicht oder andere Einkünfte noch nicht berücksichtigt wurden. Wenn einer der folgenden Punkte auf dich zutrifft, gehörst du zu diesem Kreis.

In diesen Fällen führt in der Regel kein Weg an der Abgabe vorbei:

  • Du bist selbstständig, freiberuflich oder gewerbetreibend tätig und dein Einkommen übersteigt den Grundfreibetrag.
  • Du hast im Jahr mehr als 410 Euro an Lohnersatzleistungen wie Kurzarbeitergeld, Arbeitslosen- oder Elterngeld erhalten.
  • Du oder dein Ehepartner hattet die Steuerklassenkombination III und V oder IV mit Faktorverfahren gewählt.
  • Du hattest gleichzeitig Einkünfte von mehreren Arbeitgebern, die über die Steuerklasse VI abgerechnet wurden.
  • Du hattest andere Einkünfte, zum Beispiel aus Vermietung und Verpachtung, die über 410 Euro im Jahr lagen.
  • Auf deiner Lohnsteuerkarte war ein Freibetrag für Fahrtkosten oder andere Werbungskosten eingetragen.
  • Du hast eine Abfindung vom Arbeitgeber erhalten, die nach der Fünftelregelung besteuert wurde.

Trifft einer dieser Fälle auf dich zu, solltest du die Fristen im Auge behalten. Tust du es nicht, wird sich das Finanzamt früher oder später bei dir melden.

Muss man als Rentner eine Steuererklärung machen? Ein verbreiteter Irrtum

Eine Frage, die mir besonders häufig gestellt wird, betrifft Ruheständler. Die Annahme, im Ruhestand sei man von Steuerpflichten befreit, ist weit verbreitet, aber leider nicht immer korrekt. Die Antwort auf die Frage, ob man als Rentner eine Steuererklärung machen muss, lautet: Es kommt darauf an. Entscheidend ist die Höhe deines zu versteuernden Einkommens, und das setzt sich aus mehr als nur der Rente zusammen.

Der Staat besteuert nicht deine komplette Rente, sondern nur einen bestimmten Anteil davon. Dieser Anteil steigt seit einigen Jahren schrittweise an, je nachdem, in welchem Jahr du in Rente gegangen bist. Zu diesem steuerpflichtigen Teil der Rente kommen eventuell weitere Einkünfte, etwa aus einer betrieblichen Altersvorsorge, aus Vermietung oder aus Kapitalvermögen. Liegt die Summe all dieser Einkünfte nach Abzug von Pauschbeträgen und Vorsorgeaufwendungen über dem sogenannten Grundfreibetrag, bist du zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet. Dieser Grundfreibetrag sichert das Existenzminimum und wird regelmäßig angepasst. Viele Rentner sind überrascht, wenn sie feststellen, dass sie diese Grenze überschreiten.

Ab wann muss man eine Steuererklärung machen? Die magische Grenze

Das führt uns direkt zum Kern der Sache: dem Grundfreibetrag. Diese Summe ist die eigentliche Antwort auf die Frage, ab wann man eine Steuererklärung machen muss – zumindest für diejenigen, die nicht aus anderen Gründen dazu verpflichtet sind. Jeder in Deutschland hat ein Einkommen bis zu einer gewissen Höhe, auf das keine Einkommensteuer gezahlt werden muss. Liegt dein gesamtes zu versteuerndes Einkommen unter dieser Grenze, fordert das Finanzamt in der Regel keine Erklärung von dir.

Für die meisten Arbeitnehmer in Steuerklasse I, die keine weiteren Einkünfte haben, ist das Thema damit oft erledigt. Die monatlich abgezogene Lohnsteuer deckt die Steuerschuld in der Regel ziemlich genau ab. Doch sobald die Lebensumstände etwas komplexer werden – sei es durch einen Nebenjob, Mieteinnahmen oder die bereits erwähnten Lohnersatzleistungen –, verschiebt sich das Bild. Dann ist es gut möglich, dass dein Gesamteinkommen den Grundfreibetrag übersteigt und eine Abgabepflicht entsteht.

Verlustvortrag als Sonderfall

Auch wenn du keine Einkünfte hattest, kann eine Steuererklärung sinnvoll sein. Studierende können beispielsweise ihre Ausgaben als vorweggenommene Werbungskosten geltend machen. Dieser Verlust wird vom Finanzamt gespeichert und mit den ersten Einkünften nach dem Berufseinstieg verrechnet, was dann zu einer deutlichen Steuerersparnis führt.

Und wenn man nicht muss? Warum sich die Mühe trotzdem lohnen kann

Jetzt kommen wir zum spannenderen Teil. Nur weil du nicht zur Abgabe verpflichtet bist, heißt das nicht, dass du es lassen solltest. Im Gegenteil: Für Millionen von Arbeitnehmern ist die freiwillige Abgabe, die sogenannte Antragsveranlagung, eine echte Chance. Die Statistik des Bundesfinanzministeriums zeigt, dass acht von zehn Personen, die eine Erklärung einreichen, Geld zurückbekommen. Im Durchschnitt waren das in den letzten Jahren über 1.000 Euro.[1]

Der Grund dafür ist einfach: Die monatliche Lohnsteuer ist nur eine Pauschale. Sie berücksichtigt deine individuellen Ausgaben nicht. Erst mit der Steuererklärung kannst du dem Finanzamt mitteilen, welche Kosten dir im Zusammenhang mit deiner Arbeit oder durch besondere Lebensumstände entstanden sind. Genau hier liegt das Potenzial. Folgende Posten führen besonders häufig zu einer Erstattung:

  • Werbungskosten, die über dem Pauschbetrag von 1.230 Euro liegen. Dazu zählen Fahrten zur Arbeit, Ausgaben für Arbeitsmittel, das häusliche Arbeitszimmer oder Fortbildungen.
  • Sonderausgaben wie Spenden an gemeinnützige Organisationen oder Beiträge für bestimmte Versicherungen.
  • Haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen, bei denen du 20 Prozent der Arbeitskosten direkt von deiner Steuerschuld abziehen kannst.
  • Außergewöhnliche Belastungen, zum Beispiel hohe Krankheitskosten, die von der Versicherung nicht übernommen wurden.

Wer freiwillig abgibt, hat dafür übrigens vier Jahre Zeit. Für das Steuerjahr 2024 könntest du deine Erklärung also bis Ende 2028 einreichen.

Der Weg zur Abgabe: Von Papierstapeln zu digitalen Helfern

Die Zeiten, in denen man sich durch meterlange, grüne Papierformulare kämpfen musste, sind glücklicherweise weitgehend vorbei. Heute gibt es verschiedene Wege, die Steuererklärung zu erledigen, die den Prozess deutlich erleichtern. Die gängigsten Optionen habe ich hier einmal gegenübergestellt:

Methode Kosten (ca.) Aufwand Geeignet für…
ELSTER (Online-Portal) Kostenlos Hoch, da man sich selbst einarbeiten muss. Einfache Steuerfälle und Personen mit guten Vorkenntnissen.
Kommerzielle Steuersoftware 30 – 60 Euro Mittel, da die Software durch den Prozess führt. Die meisten Arbeitnehmer, auch mit Homeoffice oder Vermietung.
Lohnsteuerhilfeverein Jährlicher Mitgliedsbeitrag Gering Arbeitnehmer, Rentner und Pensionäre (nicht für Selbstständige).
Steuerberater Honorarbasiert Sehr gering Selbstständige, Unternehmer und bei komplexen Vermögensverhältnissen.

Das offizielle Portal der Finanzverwaltung, ELSTER, ist kostenlos und mittlerweile recht benutzerfreundlich. Es bietet Funktionen wie die Übernahme von Daten aus dem Vorjahr oder die vorausgefüllte Steuererklärung, bei der bereits gemeldete Daten (z. B. vom Arbeitgeber oder der Krankenkasse) automatisch eingetragen werden.[2] Das spart Tipparbeit. Programme wie zum Beispiel `WISO Steuer` gehen noch einen Schritt weiter: Sie führen dich mit gezielten Fragen durch die Erklärung und geben Hinweise, wo du eventuell noch Geld sparen kannst. Für viele ist das eine gute Balance aus Kosten und Komfort.

Die Zeit drängt: Fristen und was bei Verspätung passiert

Wenn du zur Abgabe verpflichtet bist, ist die wichtigste Frist der 31. Juli des Folgejahres. Für die Steuererklärung 2024 wäre das also der 31. Juli 2025. Diese Frist solltest du dir im Kalender markieren, denn eine verspätete Abgabe kann teuer werden. Das Finanzamt kann einen Verspätungszuschlag festsetzen, der sich nach der Höhe der Steuerschuld und der Dauer der Verspätung richtet.

Eine wichtige Ausnahme gibt es: Wenn du einen Steuerberater oder einen Lohnsteuerhilfeverein beauftragst, verlängert sich die Frist ganz erheblich. In der Regel hast du dann bis Ende Februar des übernächsten Jahres Zeit. Das nimmt eine Menge Druck aus der Angelegenheit und gibt dir Raum, alle Unterlagen in Ruhe zusammenzusuchen. Solltest du es einmal nicht rechtzeitig schaffen, ist es immer eine gute Idee, proaktiv beim Finanzamt eine Fristverlängerung zu beantragen. Mit einer plausiblen Begründung wird diese oft gewährt.

Schätzung durch das Finanzamt vermeiden

Wenn du deiner Abgabepflicht trotz Mahnung nicht nachkommst, wird das Finanzamt deine Besteuerungsgrundlagen schätzen. Diese Schätzung fällt in den allermeisten Fällen zu deinem Nachteil aus, da keine deiner möglichen Ausgaben berücksichtigt werden. Du zahlst dann mehr Steuern als nötig. Auch nach einer Schätzung bist du weiterhin verpflichtet, eine korrekte Erklärung abzugeben.

Muss man jedes Jahr eine Steuererklärung machen?

Die Frage, ob man jedes Jahr eine Steuererklärung machen muss, lässt sich nicht pauschal mit Ja oder Nein beantworten. Es gilt: Wenn der Grund für deine Abgabepflicht im Folgejahr weiterhin besteht – du also zum Beispiel immer noch selbstständig bist oder die gleiche Steuerklassenkombination hast –, dann musst du auch im nächsten Jahr wieder eine Erklärung abgeben.

War der Grund für die Pflicht jedoch eine einmalige Sache, wie der Bezug von Kurzarbeitergeld in nur einem Jahr, kann die Verpflichtung im darauffolgenden Jahr wieder entfallen. Es ist also kein Automatismus. Wer freiwillig abgibt, hat ohnehin jedes Jahr aufs Neue die Wahl. Ich persönlich sehe es so: Hat man sich einmal die Mühe gemacht und ein System für seine Belege entwickelt, ist der Aufwand in den Folgejahren deutlich geringer. Die meisten Programme übernehmen die Stammdaten, und man muss nur noch die aktuellen Zahlen anpassen. So wird aus der großen Hürde eine überschaubare, jährliche Routine.

Entscheide mit Bedacht, außer du musst

Am Ende läuft es auf eine persönliche Abwägung hinaus. Die Frage, ob man eine Steuererklärung machen muss, ist für einen Teil der Bevölkerung klar mit „Ja“ zu beantworten. Für einen viel größeren Teil ist es jedoch eine Option. Eine Option, die mit ein wenig Aufwand verbunden ist, aber auch mit der reellen Möglichkeit, die eigene Haushaltskasse aufzubessern. Vielleicht ist der beste Weg, das Thema nicht als lästige Pflicht zu betrachten, sondern als eine Art jährlichen Finanz-Check.

Man setzt sich einmal im Jahr hin, schaut, wo das Geld herkam, wo es hinging, und prüft, ob man dem Staat nicht vielleicht ein wenig zu viel im Voraus gezahlt hat. Dieser Perspektivwechsel hat mir geholfen, dem alljährlichen Prozess mit mehr Gelassenheit zu begegnen. Es ist kein Kampf gegen eine anonyme Behörde, sondern die Wahrnehmung eines Rechts, das jeder von uns hat. Und das ist doch ein ganz guter Gedanke.

Quellen

  1. #Finanzisch: Lohnt sich eine Steuererklärung? (abgerufen am 19.07.2025)
  2. Nutzen und Vorteile von ELSTER (abgerufen am 19.07.2025)

FAQs zum Thema Muss man eine Steuererklärung machen

Muss ich mit einem Minijob eine Steuererklärung machen?

In der Regel nicht. Wenn du einen klassischen 538-Euro-Minijob ausübst, der pauschal vom Arbeitgeber versteuert wird, musst du dieses Einkommen nicht in der Steuererklärung angeben. Es gibt aber eine Ausnahme: Falls dein Minijob über deine elektronische Lohnsteuerkarte (z. B. in Steuerklasse VI) abgerechnet wird, bist du verpflichtet, eine Steuererklärung abzugeben.

Ich habe meine Steuererklärung schon abgeschickt, aber einen Fehler entdeckt. Kann ich das noch ändern?

Ja, das ist meistens kein Problem. Solange du deinen Steuerbescheid noch nicht erhalten hast, kannst du einfach eine korrigierte Version hinterherschicken. Wenn der Bescheid schon da ist, hast du nach Erhalt einen Monat Zeit, um Einspruch einzulegen. Das geht formlos per Brief oder über ELSTER und du kannst die fehlenden Belege oder korrekten Angaben einfach nachreichen.

Was passiert, wenn ich die 4-Jahres-Frist für die freiwillige Abgabe verpasse?

Wenn du die Frist für die freiwillige Abgabe verpasst, ist die Chance auf eine mögliche Steuererstattung für dieses Jahr leider verloren. Das Finanzamt nimmt die Erklärung dann nicht mehr an. Deshalb lohnt es sich, dir eine Erinnerung zu setzen, auch wenn du vier Jahre Zeit hast. So verschenkst du kein Geld an den Staat.

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