Kochen & Backen

Gutes Fett, schlechtes Fett: Welches Fett zum Kochen?

Das Geräusch von Zwiebeln, die leise in der Pfanne brutzeln, gehört für mich zu den schönsten Küchentönen überhaupt. Doch genau in diesem Moment stellt sich oft die entscheidende Frage. Die Antwort darauf, welches Fett zum Kochen das richtige ist, scheint manchmal komplizierter als ein ganzes Rezept. Denn im Supermarktregal stehen Dutzende Flaschen und Verpackungen, die alle etwas anderes versprechen.

Die große Öl-Frage: Ein Moment der Überforderung im Supermarkt

Ich stand neulich wieder vor diesem meterlangen Regal. Links die goldenen Olivenöle, daneben das fast durchsichtige Rapsöl, dann die Exoten wie Kokos- oder Avocadoöl und ganz am Ende die soliden Klassiker wie Sonnenblumenöl oder Butterschmalz. Früher, in der Küche meiner Großmutter, war die Sache einfacher. Es gab Butter für den Geschmack, Schmalz für die krossen Bratkartoffeln und vielleicht noch eine Flasche einfaches Speiseöl. Heute ist die Auswahl riesig, und mit ihr die Verunsicherung. Die Diskussion, welches Fett zum Kochen nun am besten geeignet ist, wird oft mit einer fast religiösen Inbrunst geführt. Dabei geht es weniger um Glauben als um ein paar grundlegende Eigenschaften, die jedes Fett mit sich bringt.

Die erste Hürde ist oft der sogenannte Rauchpunkt. Er wird häufig als das alleinige Kriterium genannt, doch das greift viel zu kurz. Der Rauchpunkt ist lediglich die Temperatur, bei der ein Fett anfängt, sichtbar zu rauchen und sich zu zersetzen. Dabei können ungesunde Stoffe entstehen. Ein hoher Rauchpunkt ist also gut für scharfes Anbraten, aber er sagt nichts über den Geschmack oder die gesundheitlichen Qualitäten des Fettes bei niedrigeren Temperaturen aus.

Raffiniert oder Kaltgepresst? Der wirklich entscheidende Unterschied

Viel wichtiger als die alleinige Fixierung auf den Rauchpunkt ist die Herstellungsart eines Öls. Hier gibt es zwei grundlegend verschiedene Welten: die der raffinierten und die der nativen oder kaltgepressten Öle. Sie zu unterscheiden, ist der eigentliche Schlüssel zur richtigen Wahl.

Kaltgepresste, native Öle werden rein mechanisch, ohne Hitzezufuhr, aus den Früchten oder Samen gepresst. Dadurch bleiben wertvolle Inhaltsstoffe wie Vitamine, sekundäre Pflanzenstoffe und vor allem die typischen Geschmacks- und Geruchsstoffe erhalten. Ein gutes natives Olivenöl extra schmeckt nach Olive, ein Walnussöl nach Walnuss. Diese Öle sind ideal für die kalte Küche, für Salate, zum Verfeinern von fertigen Gerichten oder zum sanften Dünsten bei niedrigen Temperaturen. Bei zu starker Hitze würden genau diese wertvollen Begleitstoffe verbrennen und einen bitteren Geschmack erzeugen.

Raffinierte Öle durchlaufen einen industriellen Prozess, bei dem sie erhitzt, entschleimt, gebleicht und desodoriert werden. Das klingt erst einmal nicht besonders appetitlich, hat aber einen klaren Zweck: Das Öl wird hitzestabiler, geschmacksneutral und länger haltbar. Fast alle Begleitstoffe werden dabei entfernt. Übrig bleibt ein reines Fett, das sich hervorragend zum scharfen Anbraten, Frittieren und oft auch zum Backen eignet, weil es den Geschmack der Speisen nicht verfälscht. Ein raffiniertes Rapsöl ist daher kein „schlechteres“ Öl, sondern einfach für einen anderen Zweck gemacht als sein kaltgepresstes Pendant.

Ein Rundgang durch die Fett-Abteilung: Meine Favoriten und ihre Tücken

Mit diesem Wissen im Hinterkopf fühlt sich der Gang durch die Öl-Abteilung schon ganz anders an. Man kann die Flaschen gezielter nach ihrem Einsatzzweck beurteilen. Hier sind ein paar meiner ständigen Küchenbegleiter und was ich mit ihnen mache.

Olivenöl: Der mediterrane Klassiker mit zwei Gesichtern

Kaum ein Öl ist so beliebt und gleichzeitig so missverstanden wie Olivenöl. Die Regel ist einfach: Das teure, fruchtige, leicht pfeffrige „nativ extra“ oder „extra vergine“ gehört an den Salat oder wird kurz vor dem Servieren über Pasta und Gemüse geträufelt. Seine Aromen sind flüchtig und würden in der heißen Pfanne verloren gehen. Zum Braten von Gemüse oder einem Stück Fisch bei mittlerer Hitze nehme ich ein einfacheres, oft als „mild“ oder schlicht „Olivenöl“ deklariertes Öl. Das ist meist eine Mischung aus nativem und raffiniertem Öl und damit hitzestabiler als die rein native Variante, hat aber immer noch ein leichtes Olivenaroma. Man kann damit wunderbar mediterrane Gerichte zubereiten, ohne dass etwas anbrennt.

Rapsöl: Der heimliche Alleskönner aus der Nachbarschaft

Rapsöl ist für mich der unbesungene Held in der Küche. Es hat ein hervorragendes Fettsäuremuster und ist zudem regional verfügbar. Auch hier gilt die Unterscheidung: Das kaltgepresste Rapsöl hat einen intensiv nussigen Geschmack und eine leuchtend gelbe Farbe. Es ist fantastisch in Kartoffelsalat oder für Dressings, bei denen man genau dieses Aroma haben möchte. Für alles andere, also zum Braten, Backen und für neutrale Vinaigrettes, verwende ich raffiniertes Rapsöl. Es ist extrem hitzestabil (Rauchpunkt über 200 °C), geschmacksneutral und preiswert. Wenn ich nur ein einziges Öl für die heiße Küche empfehlen müsste, wäre es dieses.

Butter und Butterschmalz: Der Geschmack der Kindheit

Manchmal geht es nicht nur um Funktion, sondern um puren Genuss. Für Rührei, zum Anbraten von Pilzen oder zum Abschmelzen über frischem Gemüse ist Butter durch nichts zu ersetzen. Ihr nussiger Duft ist einfach einmalig. Der Nachteil: Butter besteht nicht nur aus Fett, sondern auch aus Wasser und Milcheiweiß. Genau dieses Eiweiß verbrennt bei relativ niedrigen Temperaturen und wird schwarz. Die Lösung meiner Oma war Butterschmalz. Das ist geklärte Butter, der Wasser und Eiweiß entzogen wurden. Butterschmalz hat einen sehr hohen Rauchpunkt und eignet sich perfekt für knusprige Bratkartoffeln oder zum Anbraten von Schnitzeln, während es den feinen Buttergeschmack behält.

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Ghee – die ayurvedische Variante

Ghee ist im Grunde nichts anderes als Butterschmalz. In der ayurvedischen Küche wird die Butter oft länger erhitzt, wodurch die Milchzuckerreste leicht karamellisieren und dem Ghee ein noch nussigeres Aroma verleihen. Es ist laktosefrei und genauso hoch erhitzbar wie klassisches Butterschmalz.

Sonnenblumenöl: Eine Frage der Züchtung

Das normale Sonnenblumenöl, wie wir es seit Jahrzehnten kennen, hat einen schlechten Ruf bekommen. Es enthält sehr viele mehrfach ungesättigte Omega-6-Fettsäuren. Davon nehmen wir in unserer modernen Ernährung tendenziell zu viel auf, was Entzündungen im Körper fördern kann. Zum scharfen Braten ist es auch nur bedingt geeignet. Mittlerweile gibt es aber sogenanntes „High-Oleic“-Sonnenblumenöl. Das stammt aus speziell gezüchteten Sonnenblumen, deren Öl eine Zusammensetzung hat, die dem von Oliven- oder Rapsöl ähnelt. Es enthält viele einfach ungesättigte Fettsäuren, ist sehr hitzestabil und geschmacksneutral – eine gute Alternative zu raffiniertem Rapsöl.

Welches Fett zum Kochen: Eine praktische Übersicht für deine Küche

Um die tägliche Entscheidung etwas zu erleichtern, habe ich eine kleine Übersicht zusammengestellt, die ich selbst immer im Kopf habe, wenn ich am Herd stehe:

Fett / Öl Ideal für… Eher ungeeignet für…
Natives Olivenöl Extra Salate, Dips, zum Verfeinern von Gerichten, sanftes Dünsten Scharfes Anbraten, Frittieren
Raffiniertes Rapsöl Scharfes Anbraten, Frittieren, Backen, neutrale Dressings Kalte Küche, wenn ein Eigengeschmack erwünscht ist
Kaltgepresstes Rapsöl Salate (Kartoffel-, Nudelsalat), Marinaden, Rohkost Hohe Temperaturen, da der nussige Geschmack bitter wird
Butter Dünsten von Gemüse, Abschmelzen, Backen (für den Geschmack) Scharfes Anbraten (verbrennt schnell)
Butterschmalz / Ghee Scharfes Anbraten (Bratkartoffeln, Schnitzel), Backen, Frittieren Salate und kalte Speisen
Kokosöl Asiatische Gerichte, Currys, Backen (vegan), wenn der Geschmack passt Gerichte, bei denen der Kokosgeschmack stört
Leinöl Ausschließlich kalte Küche (über Quark, Müsli, Kartoffeln), Smoothies Jegliche Form von Erhitzung (wird extrem bitter und ungesund)

Fett ist nicht gleich Fett: Ein kurzes Wort zu den Fettsäuren

Die Diskussion um gesunde Fette kann schnell wissenschaftlich werden, aber im Kern geht es um eine gute Balance. Unser Körper braucht verschiedene Fettsäuren, aber das Verhältnis muss stimmen. Vor allem das Gleichgewicht zwischen Omega-6- und Omega-3-Fettsäuren ist wichtig. Die meisten pflanzlichen Öle wie Sonnenblumen- oder Distelöl sind reich an Omega-6, während Omega-3 seltener ist. Ein Übermaß an Omega-6 kann entzündungsfördernd wirken.

Deshalb ist eine abwechslungsreiche Auswahl an Fetten so sinnvoll. Hier sind ein paar einfache Anhaltspunkte:

  • Raps-, Walnuss- und Leinöl sind hervorragende Lieferanten für die wertvollen Omega-3-Fettsäuren. Besonders Leinöl sollte man regelmäßig in die kalte Küche integrieren.
  • Olivenöl glänzt mit einem hohen Anteil an einfach ungesättigten Fettsäuren, die als sehr gesund für das Herz-Kreislauf-System gelten.
  • Fette wie Butter oder Kokosöl enthalten viele gesättigte Fettsäuren. In Maßen genossen sind sie Teil einer ausgewogenen Ernährung, sollten aber nicht die Hauptfettquelle sein.
  • Durch die Verwendung verschiedener Öle für verschiedene Zwecke sorgt man fast automatisch für eine bessere Balance der Fettsäuren im Speiseplan.
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Was ist mit Margarine?

Margarine ist ein industriell hergestelltes Streichfett aus pflanzlichen und manchmal auch tierischen Fetten. Früher enthielt sie oft ungesunde Transfette, die bei der Härtung der Öle entstanden. Heutige Margarinen sind da deutlich besser, aber ich persönlich bevorzuge die unverarbeiteten Originale wie Butter oder hochwertige Pflanzenöle. Zum Braten sind die meisten Streichmargarinen wegen ihres hohen Wassergehalts ohnehin nicht gut geeignet.

Mein persönlicher Fett-Fahrplan für die Küche

Nach all den Jahren des Ausprobierens hat sich bei mir ein kleines, aber feines Sortiment in der Küche etabliert, mit dem ich für fast alles gewappnet bin. Ich brauche keine zwanzig verschiedenen Flaschen. Mit vier Grundpfeilern komme ich bestens zurecht.

Meine Basis-Ausstattung sieht so aus:

  1. Ein hochwertiges natives Olivenöl extra für Salate und zum finalen Abschmecken. Hier spare ich nicht an der Qualität, denn man schmeckt den Unterschied deutlich.
  2. Eine große Flasche raffiniertes Rapsöl für alles, was Hitze braucht. Damit brate ich Fleisch an, mache Bratkartoffeln oder backe einen Kuchen, wenn der Geschmack neutral bleiben soll.
  3. Ein Stück gute Butter im Kühlschrank. Einfach für den Geschmack. Für das Sonntagsfrühstücksei oder um gedünstetem Gemüse den letzten Schliff zu geben.
  4. Eine kleine Flasche kaltgepresstes Walnuss- oder Leinöl. Davon verwende ich nur kleine Mengen, aber sie werten einen simplen Blattsalat oder einen Quarkdip geschmacklich und gesundheitlich enorm auf.

Mit dieser Auswahl decke ich 99 Prozent meiner Kochgewohnheiten ab. Alles andere, wie Kokosöl für ein bestimmtes Curry oder Butterschmalz für die Weihnachtsbäckerei, kaufe ich bei Bedarf dazu.

Ein ehrlicher Abschluss ohne goldene Regeln

Die Suche nach der Antwort, welches Fett zum Kochen das einzig wahre ist, führt also in eine Sackgasse. Es gibt sie nicht, die eine Flasche für alles. Und das ist eigentlich eine gute Nachricht. Sie zwingt uns, kurz innezuhalten und zu überlegen: Was möchte ich heute kochen? Brauche ich Hitze oder nur Geschmack? Soll das Fett eine Hauptrolle spielen oder nur ein stiller Helfer sein?

Die Auseinandersetzung mit Ölen und Fetten hat meine Art zu kochen verändert. Ich gehe bewusster mit Aromen um und habe gelernt, die Eigenschaften der verschiedenen Produkte zu schätzen. Statt einer komplizierten Wissenschaft ist es für mich eine Art Werkzeugkasten geworden. Und das Schönste daran ist: Man kann nichts wirklich falsch machen, solange man nichts anbrennen lässt. Der Rest ist eine wunderbare Entdeckungsreise für den Gaumen.

FAQs zum Thema [Welches Fett zum Kochen]

Wie bewahre ich meine Öle richtig auf, damit sie lange frisch bleiben?

Die größten Feinde von Speiseöl sind Licht, Wärme und Sauerstoff. Bewahre deine Öle daher am besten immer gut verschlossen an einem kühlen, dunklen Ort auf, zum Beispiel in einem Küchenschrank und nicht direkt neben dem Herd. Besonders empfindliche, Omega-3-reiche Öle wie Leinöl gehören nach dem Öffnen sogar in den Kühlschrank, damit sie nicht so schnell ranzig werden.

Darf ich verschiedene Fette, zum Beispiel Butter und Öl, beim Braten mischen?

Ja, das ist sogar ein toller Trick! Wenn du den leckeren Geschmack von Butter liebst, aber bei höherer Hitze braten möchtest, gib einfach einen Schuss hitzestabiles Öl (wie raffiniertes Rapsöl) mit in die Pfanne. Das Öl erhöht den Rauchpunkt der gesamten Mischung und verhindert so, dass die Molkebestandteile der Butter zu schnell verbrennen und schwarz werden. So bekommst du das Beste aus beiden Welten: tolles Aroma und gute Hitzestabilität.

Woran erkenne ich, dass mein Speiseöl schlecht geworden ist?

Wenn ein Öl „kippt“, wird es ranzig. Das erkennst du vor allem am Geruch und Geschmack. Anstatt frisch und arttypisch (z. B. nussig oder fruchtig) zu riechen, müffelt es dann oft muffig, talgig oder erinnert an alte Wachsmalkreide. Auch ein kratziger oder bitterer Geschmack ist ein klares Zeichen. Wenn du unsicher bist, verlasse dich am besten auf deine Sinne – ein schlechtes Öl schmeckt und riecht man sofort.

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