Die Idee, aus Gemüseresten neues Leben zu ziehen, hat mich sofort gepackt. Statt den Strunk wegzuwerfen, bekommt er eine zweite Chance. Dieses kleine Experiment namens Regrowing bringt erstaunlich viel Grün auf die Fensterbank und eine gute Portion Freude in den Alltag.
Das Wichtigste in Kürze
- Regrowing ist das Nachwachsenlassen von Pflanzen aus Küchenresten.
- Frühlingszwiebeln und Porree eignen sich ideal für den Einstieg ins Regrowing.
- Küchenreste wie Salatstrünke liefern nur begrenzte Erträge, sind aber lehrreich.
- Wurzelgemüse produziert meist nur essbares Blattgrün, nicht die Wurzel selbst.
- Hygiene und tägliches Wasserwechseln sind entscheidend für den Erfolg.
- Regrowing erfordert Geduld und ist mehr Experiment als Versorgung.
Ein kleiner Strunk mit großer Zukunft?
Neulich stand ich in der Küche und schnitt das untere Ende vom Bund Frühlingszwiebeln ab. Normalerweise wäre es im Biomüll gelandet. Doch diesmal hielt ich inne. Die kleinen weißen Wurzeln sahen so lebendig aus. Die Frage war: Kann daraus wirklich wieder etwas wachsen? Das Prinzip hinter Regrowing ist, dass bestimmte Pflanzenteile die Fähigkeit besitzen, neue Triebe oder Wurzeln zu bilden. Man gibt ihnen einfach Wasser und Licht, und die Natur erledigt den Rest – zumindest in der Theorie. Es geht dabei weniger darum, den Wocheneinkauf zu ersetzen, als vielmehr um das Erlebnis, einen Kreislauf direkt auf der eigenen Fensterbank zu beobachten. Es ist eine wunderbare Möglichkeit, Kindern zu zeigen, wo unser Essen herkommt, und selbst ein Gefühl für die Zähigkeit von Pflanzen zu entwickeln. Aus einfachen Küchenresten werden so kleine, grüne Projekte.
Für den Start braucht man nicht viel, und das meiste hat man ohnehin schon zu Hause. Es ist ein Experiment, das fast nichts kostet, aber eine Menge Geduld und Beobachtungsgabe lehrt. Und wenn am Ende ein paar frische Kräuter für den Salat dabei herauskommen, ist das ein schöner Bonus. Das Regrowing hat schnell einen festen Platz auf unserer Fensterbank in der Küche gefunden, direkt zwischen den normalen Kräutertöpfen.
Was genau ist Regrowing?
Regrowing bedeutet wörtlich „nachwachsen lassen“. Es ist die Praxis, aus den Resten von gekauftem Gemüse neue Pflanzen zu ziehen. Anstatt den Salatstrunk, die Wurzelenden von Lauch oder die Krone einer Ananas wegzuwerfen, nutzt du sie als Basis für neues Wachstum. Du gibst dem Pflanzenteil Wasser, Licht und manchmal später auch etwas Erde, um ihm eine zweite Chance zu geben. Das funktioniert, weil in diesen Resten oft noch genügend Nährstoffe und vor allem die genetische Information für die Regeneration gespeichert sind. Ein Porree zum Beispiel hat an seinem Wurzelende alles, was er braucht, um neue grüne Blätter zu schieben.
Dabei ist es gut zu wissen, dass nicht jede Pflanze eine komplette Frucht oder Knolle neu bildet. Wenn du Karotten ziehen möchtest, wächst aus dem oberen Ende vor allem das vitaminreiche Karottengrün nach – nicht eine neue orangefarbene Wurzel. Das Grün schmeckt aber herrlich in Pestos oder Salaten. Der Fokus beim Regrowing liegt oft auf dem Nachwachsen von Blättern und Grünzeug. Es ist eine einfache Form des Gärtnerns, die keinen Garten und keine teure Ausrüstung erfordert. Ein Glas Wasser und ein heller Platz sind oft schon alles, was du für den Anfang brauchst.
Frühlingszwiebeln und Porree: Die unkomplizierten Klassiker
Mein erstes und bis heute liebstes Regrowing-Projekt sind Frühlingszwiebeln. Es ist so simpel und der Erfolg stellt sich schnell ein, was gerade am Anfang motiviert. Du schneidest einfach die unteren drei bis fünf Zentimeter mit den Wurzeln ab. Dieses Stück stellst du in ein kleines Glas mit so viel Wasser, dass die Wurzeln bedeckt sind, der obere Schnittrand aber trocken bleibt. Das Glas kommt an einen hellen Ort. Schon nach ein bis zwei Tagen siehst du, wie aus der Mitte neues Grün sprießt. Das Wasser sollte täglich gewechselt werden, damit nichts faulig wird.
Ganz ähnlich funktioniert es, wenn du eine Porree Wurzel einpflanzen möchtest. Auch hier wird das untere Ende mit den Wurzeln in ein Glas mit Wasser gestellt. Da der Porree dicker ist, braucht er ein etwas standfesteres Gefäß. Innerhalb einer Woche wächst das Grün so weit nach, dass du es ernten kannst. Du kannst die Stangen mehrfach beernten, irgendwann sind die Nährstoffe im Wurzelstück aber aufgebraucht. Dann lässt die Wuchskraft nach. Für eine dauerhafte Ernte kannst du die bewurzelten Stücke auch in einen Topf mit Erde setzen. So werden aus einfachen Resten schnell frische Küchenkräuter.
Was bei uns nicht funktioniert hat
Mein erster Versuch, einen Brokkoli Strunk einpflanzen zu wollen, endete leider im Desaster. Ich hatte gelesen, dass man den Strunk in eine flache Schale mit Wasser stellen kann, um neue kleine Röschen und Blätter zu züchten. Anfangs sah es auch gut aus, aber nach drei Tagen roch die Küche komisch. Der Strunk war von unten matschig geworden und hatte angefangen zu schimmeln. Wahrscheinlich stand er in zu viel Wasser und der Raum war im Hochsommer einfach zu warm und feucht, was die Fäulnis begünstigte.
Salatstrunk wiederbeleben: Frische Blätter von der Fensterbank
Wer kennt das nicht: Man kauft einen Kopfsalat, isst die äußeren Blätter und das Herz bleibt übrig. Auch diesen Salatstrunk kannst du für ein kleines Regrowing-Experiment nutzen. Am besten eignen sich Salatsorten mit einem festen Strunk, wie zum Beispiel Romana-Salat. Schneide den unteren Teil des Strunks ab, etwa drei bis vier Zentimeter hoch. Diesen stellst du in eine flache Schale mit etwa einem Zentimeter Wasser. Platziere die Schale an einem sonnigen Platz, zum Beispiel auf dem Fensterbrett.
Auch hier ist es entscheidend, das Wasser täglich zu wechseln, um Fäulnis zu vermeiden. Nach einigen Tagen beginnen aus der Mitte des Strunks neue, kleine Blätter zu wachsen. Erwarte aber keinen kompletten neuen Salatkopf. Was nachwächst, sind zarte Blätter, die sich super als frische Garnitur auf einem Butterbrot oder als Zugabe im Smoothie machen. Der nachwachsende Salat ist eine nette Ergänzung, aber keine vollständige Mahlzeit. Sobald sich kleine Wurzeln gebildet haben, kannst du den Salatstrunk auch in einen Topf mit Erde setzen, um das Wachstum zu verlängern. Bei uns hat das den Ertrag noch einmal leicht gesteigert, bevor die Pflanze schließlich in die Blüte ging.
Wurzelgemüse und Knollen: Eine Frage der Erwartung
Beim Regrowing von Wurzelgemüse ist eine realistische Erwartungshaltung wichtig. Wenn du das obere Ende einer Karotte oder das Herz einer Sellerieknolle ins Wasser stellst, wird daraus keine neue Knolle wachsen. Was du erntest, ist das Blattgrün. Das ist aber keineswegs nutzlos. Das Grün von Karotten, Roter Bete oder Radieschen ist essbar und steckt voller Nährstoffe. Es lässt sich wie Petersilie verwenden oder zu einem würzigen Pesto verarbeiten. Auch hier schneidest du einfach die obere Kappe ab und legst sie mit der Schnittfläche nach unten in eine Schale mit Wasser.
Eine Ausnahme sind Kartoffeln. Wenn eine Kartoffel anfängt, Triebe zu bilden, kannst du sie in Stücke schneiden, sodass jedes Stück mindestens ein „Auge“ hat. Diese Stücke lässt du kurz antrocknen und pflanzt sie dann in einen großen Topf oder einen Sack mit Erde. Daraus können mit etwas Glück und guter Pflege tatsächlich neue Kartoffeln wachsen. Wenn du also mal wieder keimende Kartoffeln findest, ist das die perfekte Gelegenheit, dein eigenes kleines Kartoffelfeld auf der Terrasse anzulegen. Bei uns ist aus einer einzigen alten Kartoffel eine kleine Mahlzeit für die Familie geworden.
Was wir beim zweiten Versuch anders gemacht haben
Nachdem die Frühlingszwiebeln im ersten Anlauf zwar wuchsen, aber das Wasser schnell trüb und schleimig wurde, haben wir es noch einmal probiert. Diesmal haben wir das Glas jeden Morgen konsequent geleert, kurz ausgespült und mit frischem Wasser gefüllt. Außerdem haben wir darauf geachtet, dass nur die Wurzeln im Wasser standen und nicht der ganze weiße Schaft. Das Ergebnis war viel besser: klares Wasser, kein unangenehmer Geruch und kräftiges, gesundes Grün, das wir mehrfach ernten konnten. Die Lehre daraus war simpel: Hygiene ist entscheidend.
Die Grenzen des Grünen Daumens aus dem Glas
So charmant die Idee des Regrowing auch ist, man sollte die Sache realistisch betrachten. Es ist ein Hobby, das Freude bereitet und Abfall reduziert, aber es wird dich nicht autark machen. Die Erträge sind meist klein und die Pflanzen haben oft eine begrenzte Lebensdauer, weil die Nährstoffe im ursprünglichen Pflanzenteil irgendwann verbraucht sind. Ein Salatstrunk liefert eine Handvoll Blätter, eine Lauchzwiebel ein paar neue grüne Halme. Um eine ganze Familie zu versorgen, bräuchte man eine Fensterbank von der Größe eines Fußballfeldes. Für eine nachhaltigere und ergiebigere Ernte ist der Anbau aus Samen oft der robustere Weg.
Außerdem gelingt nicht jedes Experiment. Manche Küchenreste sind einfach nicht vital genug, andere faulen oder schimmeln, bevor sie wachsen. Das ist kein persönliches Versagen, sondern Teil des Prozesses. Regrowing ist mehr ein Spiel mit der Natur als eine exakte Wissenschaft. Es lehrt Geduld und zeigt auf, dass Wachstum Zeit und die richtigen Bedingungen braucht. Es ist die perfekte Ergänzung zum Gärtnern, aber kein Ersatz dafür. Wenn man es als das begreift, was es ist, nämlich ein faszinierendes kleines Naturwunder für zu Hause, dann kann man eigentlich nur gewinnen.
FAQs zum Thema Regrowing
Funktioniert Regrowing besser mit Bio-Gemüse?
Ja, oft klappt es mit Bio-Gemüse tatsächlich besser. Der Grund dafür ist, dass konventionelles Gemüse manchmal mit Keimhemmern behandelt wird, um die Haltbarkeit im Supermarkt zu verlängern. Diese Mittel können das Nachwachsen erschweren. Bei Bio-Produkten ist das nicht erlaubt, daher sind die Gemüsereste oft vitaler und startklar für eine zweite Runde auf deiner Fensterbank.
Wann ist der richtige Zeitpunkt, um meine Pflanze vom Wasserglas in Erde umzutopfen?
Der beste Moment ist, wenn dein Gemüserest im Wasserglas kräftige, neue Wurzeln von einigen Zentimetern Länge gebildet hat. Das ist das Zeichen, dass die Pflanze bereit ist, sich in Erde zu verankern und von dort Nährstoffe aufzunehmen. Ein zu frühes Umtopfen kann die zarten Wurzeln überfordern, also gib ihr ruhig ein bisschen Zeit im Wasser.
Kann ich auch Kräuter oder Obst aus dem Supermarkt nachwachsen lassen?
Absolut! Bei Kräutern wie Minze, Basilikum oder Rosmarin kannst du einfach einen gesunden Stängel ohne Blüten in ein Wasserglas stellen. Er wird nach einiger Zeit neue Wurzeln bilden. Bei Obst ist die Ananas der Star: Schneide den grünen Blattschopf ab, entferne die untersten Blätter und stelle den Strunk in Wasser, bis sich Wurzeln zeigen. Danach kannst du ihn in Erde pflanzen.