Die Luft im Büro steht, der Asphalt draußen glüht und die Konzentration schmilzt schneller als das Eis in der Mittagspause. Wie beinahe jedes Jahr im Sommer wiederholt sich das Schauspiel: Die Temperaturen klettern und mit ihnen die Hoffnung auf ein vorzeitiges Arbeitsende. Die Debatte um Hitzefrei auf der Arbeit ist dabei so verlässlich wie der Sommer selbst, doch oft von Halbwissen begleitet.
Die jährliche Hitzewelle und die große Frage nach dem Frei
Es ist eine fast schon rituelle Debatte, die in Büros, Werkshallen und auf Baustellen geführt wird, sobald das Thermometer die 30-Grad-Marke überschreitet. Der eine Kollege erinnert sich an einen Sommer, in dem der Chef alle nach Hause geschickt hat, die andere hat gehört, dass es ab einer bestimmten Temperatur ein gesetzliches Recht darauf gäbe. Die Realität ist jedoch, wie so oft im Arbeitsleben, etwas differenzierter und hängt von mehr als nur der reinen Gradzahl ab.
Die rechtliche Lage ist dabei nüchterner, als viele vermuten. Es gibt keinen generellen Rechtsanspruch auf Hitzefrei, weder im Büro noch in anderen Arbeitsbereichen.[1] Das bedeutet, man kann nicht einfach den Stift fallen lassen, weil das private Thermometer einen neuen Rekord anzeigt. Stattdessen greift die sogenannte Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Sie ist der Dreh- und Angelpunkt, wenn es um das Arbeiten bei hohen Temperaturen geht, und sie wird mit jedem Grad auf der Skala ernster genommen.
Was das Gesetz sagt: Die Temperatur-Stufen im Detail
Das Arbeitsschutzrecht, genauer die Arbeitsstättenverordnung und die dazugehörigen technischen Regeln (ASR A3.5), gibt einen klaren Rahmen vor. Diese Regeln sind keine bloßen Empfehlungen, sondern schaffen eine gestaffelte Verantwortung für den Arbeitgeber.[2]
Die erste relevante Marke ist bei 26 Grad Celsius erreicht. Ab dieser Raumtemperatur soll der Arbeitgeber erste Maßnahmen ergreifen, um für eine Erleichterung zu sorgen. Das ist noch eine Soll-Vorschrift, also eine starke Empfehlung. Überschreitet die Temperatur im Raum jedoch 30 Grad, wandelt sich diese Empfehlung in eine Pflicht. Der Arbeitgeber muss nun aktiv werden und für erträglichere Bedingungen sorgen. Er hat dabei aber einen gewissen Spielraum, welche Maßnahmen er wählt. Niemand kann also eine teure Klimaanlage einklagen.
Die absolute Grenze ist bei 35 Grad erreicht. Ein Raum, in dem es so heiß ist, gilt nicht mehr als geeigneter Arbeitsraum.[1] Hier muss eine Lösung gefunden werden. Das kann die Verlagerung der Arbeit in kühlere Räume sein, ausgedehnte Pausen oder eben, in seltenen Fällen, das tatsächliche Nach-Hause-Schicken der Belegschaft. Selbst dann ist ein eigenmächtiges Verlassen des Arbeitsplatzes ein Vertragsbruch und kann zu einer Abmahnung führen.
Die Rolle des Betriebsrats
Gerade weil Arbeitgeber einen Spielraum bei der Wahl der Maßnahmen haben, ist der Betriebs- oder Personalrat ein wichtiger Ansprechpartner. Er hat ein Mitbestimmungsrecht beim Gesundheitsschutz und kann auf verbindliche Regelungen, etwa in Form einer Betriebsvereinbarung, hinwirken.[3] So lassen sich schon im Vorfeld klare Pläne für Hitzewellen entwickeln.
Mögliche Maßnahmen des Arbeitgebers: Was du erwarten kannst
Wenn die 30-Grad-Marke geknackt ist, muss der Chef also handeln. Die Palette der denkbaren Maßnahmen ist breit und orientiert sich am sogenannten STOP-Prinzip: Substitution, technische, organisatorische und persönliche Schutzmaßnahmen. Das bedeutet, es wird zuerst geprüft, ob die Arbeit anders oder woanders erledigt werden kann, bevor technische Hilfsmittel oder Verhaltensänderungen zum Zug kommen. Hier sind die gängigsten Vorkehrungen:
- Effektiver Sonnenschutz und Lüftung: Das Herunterlassen von Jalousien oder Rollos während der stärksten Sonneneinstrahlung ist eine der einfachsten und wirksamsten Methoden. Gekoppelt mit Stoßlüften in den kühlen Morgen- und Abendstunden lässt sich die Raumtemperatur spürbar senken.
- Anpassung der Arbeitszeiten: Die Einführung von Gleitzeit oder die vorübergehende Verlagerung der Arbeitszeit in die frühen Morgenstunden kann die Belastung erheblich reduzieren. Wer um 6 Uhr anfängt, kann den heißesten Stunden des Nachmittags entgehen.
- Bereitstellung von Getränken: Ein Arbeitgeber, der bei Hitze kostenloses Wasser oder ungesüßte Tees zur Verfügung stellt, erfüllt nicht nur seine Fürsorgepflicht, sondern sorgt auch für die Leistungsfähigkeit seiner Mitarbeiter.
- Lockerung der Kleiderordnung: Sofern keine Sicherheitsvorschriften oder ein strenger Kundenkontakt dagegen sprechen, ist die vorübergehende Erlaubnis für luftigere Kleidung eine naheliegende Maßnahme.
- Technische Hilfsmittel: Das Aufstellen von Ventilatoren ist eine häufige und schnell umsetzbare Lösung. Sie kühlen zwar nicht die Luft, aber der Luftzug auf der Haut schafft eine deutliche Erleichterung.
Sonderfall Homeoffice: Wer ist hier verantwortlich?
Die Arbeit von zu Hause aus hat die Situation für viele verändert. Gibt es Hitzefrei im Büro, wenn man gar nicht im Büro ist? Die Antwort hängt von der vertraglichen Vereinbarung ab. Man muss hier zwischen zwei Modellen unterscheiden.[2]
Handelt es sich um einen fest eingerichteten Telearbeitsplatz, für den der Arbeitgeber auch die Ausstattung gestellt hat, bleibt er in der Verantwortung für den Arbeitsschutz. Das schließt auch die Raumtemperatur mit ein. Bei der deutlich weiter verbreiteten Form des mobilen Arbeitens sieht es anders aus. Hier entscheidet der Arbeitnehmer selbst über seinen Arbeitsort. Damit liegt auch die Verantwortung für ein erträgliches Arbeitsumfeld bei ihm selbst. Der Vorteil ist jedoch die Flexibilität: Niemand hindert dich daran, den Laptop einzupacken und die Arbeit in einem kühlen Café, einer Bibliothek oder einem klimatisierten Co-Working-Space zu erledigen, sofern die betrieblichen Regeln das zulassen.

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Strategien für den kühlen Kopf: Was du selbst tun kannst
Unabhängig von den Pflichten des Arbeitgebers gibt es eine ganze Reihe von Dingen, die du selbst in die Hand nehmen kannst, um die heißen Tage im Job besser zu überstehen. Es geht nicht darum, sich passiv seinem Schicksal zu ergeben, sondern aktiv für bessere Bedingungen zu sorgen.
Die Kleidungswahl überdenken
Natürlich sind atmungsaktive Stoffe wie Leinen, Baumwolle oder Seide an heißen Tagen die bessere Wahl als synthetische Fasern. Doch es geht nicht nur um das Material, sondern auch um den Schnitt. Weit geschnittene Kleidung lässt die Luft besser zirkulieren. Und was die berühmte Frage nach den kurzen Hosen im Büro angeht: Hier ist Fingerspitzengefühl gefragt. Solange kein direkter Kundenkontakt oder eine strikte Kleiderordnung dagegensprechen, ist dies in vielen Branchen heute kein Problem mehr. Ein Gericht entschied sogar, dass ein Fahrer in Shorts kein Kündigungsgrund sei, solange er nicht klar als Mitarbeiter des Unternehmens erkennbar war.[3] Sicherheitsschuhe oder Helme sind davon aber ausgenommen; hier geht die Sicherheit immer vor der Bequemlichkeit.
Den eigenen Arbeitsplatz anpassen
Oft sind es die kleinen Dinge, die einen Unterschied machen. Eine Schale mit kaltem Wasser und ein paar Eiswürfeln vor einem kleinen Tischventilator kann die gefühlte Temperatur im direkten Umfeld senken. Auch das wiederholte Kühlen der Handgelenke unter kaltem Wasser hat einen erstaunlich erfrischenden Effekt. Elektrische Geräte, die nicht benötigt werden, sollten abgeschaltet werden, da sie zusätzliche Wärme produzieren. Ein weiterer Punkt ist die Planung des Arbeitstages: Konzentrationsintensive Aufgaben legt man am besten in die kühleren Morgenstunden. Der Nachmittag eignet sich dann besser für Routinearbeiten oder Telefonate.
Zuletzt aktualisiert am 3. Juli 2025 um 15:54 . Wir weisen darauf hin, dass sich hier angezeigte Preise inzwischen geändert haben können. Alle Angaben ohne Gewähr.Trinken und Essen mit Verstand
Dass man bei Hitze viel trinken soll, ist bekannt. Doch es kommt auch darauf an, was man trinkt. Eiskalte Getränke sind kontraproduktiv, da der Körper Energie aufwenden muss, um sie auf Körpertemperatur zu bringen, was zu zusätzlichem Schwitzen führt. Lauwarmer Tee oder Wasser mit einem Spritzer Zitrone oder ein paar Minzblättern ist die bessere Alternative. Auch bei der Ernährung lässt sich einiges steuern. Schwere, fettige Mahlzeiten belasten den Kreislauf zusätzlich. Leichte Kost wie Salate, Obst und Gemüse sind an heißen Tagen die deutlich bessere Wahl.
Hitze als Teil der neuen Arbeitsnormalität
Die zunehmende Häufigkeit von Hitzewellen ist eine Realität des Klimawandels. Die Zahl der Tage mit über 30 Grad hat sich in Deutschland seit den 1950er-Jahren verdreifacht.[1] Das Thema wird uns also in Zukunft noch stärker beschäftigen. Es wird immer weniger um die einmalige Frage nach Hitzefrei auf der Arbeit gehen und immer mehr um eine grundsätzliche Anpassung unserer Arbeitswelt an veränderte klimatische Bedingungen. Dazu gehören bauliche Maßnahmen wie bessere Dämmung und Begrünung, aber auch eine flexiblere Arbeitskultur. Letztlich ist der Umgang mit Hitze am Arbeitsplatz eine Gemeinschaftsaufgabe, die von gegenseitigem Verständnis und proaktivem Handeln lebt – sowohl von Arbeitgeber- als auch von Arbeitnehmerseite.
Quellen
- Hohe Temperaturen am Arbeitsplatz – welche Regeln gelten? (abgerufen am 03.07.2025)
- Was ist bei Hitze am Arbeitsplatz zu tun? | IHK (abgerufen am 03.07.2025)
- Hitze am Arbeitsplatz – das musst Du wissen (abgerufen am 03.07.2025)
FAQs zum Thema Hitzefrei auf der Arbeit
Gelten für Schwangere oder Mitarbeiter mit Vorerkrankungen besondere Regeln bei Hitze?
Ja, hier greift eine erhöhte Fürsorgepflicht. Für schwangere und stillende Mütter gelten die strengeren Vorgaben des Mutterschutzgesetzes, die den Arbeitgeber verpflichten, eine unverantwortbare Gefährdung durch Hitze auszuschließen. Wenn du also schwanger bist, muss dein Arbeitgeber dir einen leidensgerechten Arbeitsplatz sichern. Auch bei bekannten gesundheitlichen Problemen, etwa mit dem Herz-Kreislauf-System, muss der Arbeitgeber im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung besondere Rücksicht nehmen und individuelle Schutzmaßnahmen ergreifen.
Was ist mit Jobs, bei denen ich draußen arbeiten muss, zum Beispiel auf dem Bau?
Für Arbeitsplätze im Freien gelten die Temperatur-Grenzwerte der Arbeitsstättenverordnung nicht direkt, da sie sich auf Raumtemperaturen beziehen. Die Fürsorgepflicht deines Arbeitgebers gilt aber natürlich trotzdem und wiegt hier sogar besonders schwer. Er muss Schutzmaßnahmen gegen direkte Sonneneinstrahlung und Hitze treffen. Das können zum Beispiel bereitgestellte Sonnensegel, kostenlose Sonnencreme mit hohem Lichtschutzfaktor, zusätzliche Pausen im Schatten und vor allem eine ausreichende Versorgung mit Trinkwasser sein.
Zählt ein Hitzekollaps bei der Arbeit eigentlich als Arbeitsunfall?
Ja, ein Kreislaufkollaps oder Hitzschlag, der nachweislich auf die hohen Temperaturen am Arbeitsplatz zurückzuführen ist, wird in der Regel als Arbeitsunfall anerkannt. Wichtig ist, dass du den Vorfall sofort deinem Vorgesetzten meldest und einen Durchgangsarzt aufsuchst. Dadurch bist du über die gesetzliche Unfallversicherung abgesichert, welche die Kosten für Behandlung und eventuelle Rehabilitation übernimmt.